Es war Sonntag, der 31. Oktober 1999 (Reformationstag) , ich fuhr nach
Zschopau, denn Jutta und Christoph Langer hatten mich wieder einmal zum
Mittagessen und zur geselligen Unterhaltung eingeladen. Diese beiden Freunde
sind sehr reiselustig und wir kamen bald zum Thema "Reisen".
Ich äußerte mein Interesse an einer Schiffsreise entlang der westeuropäischen
Küste . . . , aber wer würde mein Interesse teilen? Allein möchte ich ein
solches Unternehmen nicht starten. "Und was meinst Du zu einer Reise nach
Südamerika, um's Kap Hoorn?" , fragte mich Christoph ganz unvermittelt.
"Würdest Du mitmachen?" Er hatte bereits ein Angebot von
"SMARAGD-SEEREISEN" ( München) gesichtet und war davon begeistert; er
wusste auch, dass Jutta für den großen, weiten Ozean nicht zu gewinnen war . .
.(Angst vor Seekrankheit) " Wollen wir beide diese Reise unternehmen?
"
Ich wollte mich vergewissern: "Und da hättest Du, Jutta, nichts dagegen?
" "Wieso denn?" erwiderte sie, " Ich würde mich sogar sehr
freuen! " Sie gönnt jedenfalls ihrem Christoph die Erfüllung seines Reisewunsches und zugleich mir dieses außergewöhnliche Reiseerlebnis in
Gesellschaft des Freundes.
Da brauchte ich wirklich nur wenige Augenblicke, um diesem tollen Angebot
zuzustimmen.
Ein bisschen länger habe ich lediglich in den folgenden Tagen darüber
nachgedacht, ob ich mir selbst diese Reise gönnen möchte, oder ob es mir leid sei, vom Sparbuch so reichlich
abzuschöpfen . . .
Der Erlebnishunger siegte schließlich über den Sparsamkeitsfimmel. Na, wie
gut! Jetzt tragen einen die Beine ja noch, jetzt ist der Geist noch imstande,
etwas Schönes zu genießen, etwas Neues aufzunehmen;
Dafür darf ich dankbar sein, - aber es ist keine Selbstverständlichkeit; es
kann sich schnell ändern . . .
Das Kofferpacken kostet etwas mehr Überlegung als sonst, denn am 29. Januar
sollte die Reise beginnen., da herrscht eigentlich richtiger Winter bei uns. Am
30. Januar werden wir in Buenos Aires landen, dort ist Hochsommer, es erwarten
uns 28 - 32 ° C. Während der Reise Richtung Süden - besser gesagt Richtung
Antarktis - müssen wir mit 8° C rechnen, dazu aber auch mit ordentlichem Wind,
. . . sind wir erst um das Kap Hoorn herum, dann steigen die Temperaturen bis
Valparaiso wieder auf 28 - 30 ° C an. Und am 14. Februar kommen wir wieder in die Heimat zurück.
So bekam mein Koffer Gewicht , 19 kg ! Ich packe ja immer zuviel ein. Mit
Christophs Koffer von lediglich 13 kg - , beide kamen beim "Check- in" gemeinsam auf die
Waage - , ergab das dann ein befriedigendes Durchschnittsgewicht.
Samstag, 29. Januar: Zum Hauptbahnhof fuhr mich Shenja, mein russischer Freund.
Er erhielt auch den Wohnungsschlüssel und wird meinen Wellensittich
"Pippifax" wie üblich in meiner Abwesenheit versorgen.
Christoph rollte mit Taxi aus Zschopau an, Jutta war mitgekommen. Meine Tochter
Kathi erschien überraschenderweise mit den beiden. Wir verabschiedeten uns,
versprachen wiederzukommen . . .
Der Zug setzte sich 9:11 Uhr in Bewegung, vorerst nach Leipzig. Wir trafen
dort 10:32 Uhr ein und hatten gerade Zeit, den Anschlusszug nach Frankfurt zu
erreichen, der 10:51 Uhr abfuhr. Ich ging in ein Abteil, legte meinen Beutel auf
einen Sitz, bemerkte aber, dass die Plätze reserviert waren und verließ das
Abteil schleunigst wieder samt Rucksack und Koffer. Wir fanden ein fast freies
Abteil weiter vorn, - doch wo war mein weißer Beutel? Habe ich ihn etwa auf dem
Bahnsteig verloren? Ich lief draußen entlang, . . weil der Zug aber nun
abgepfiffen wurde, stieg ich wieder hinten ein, schaute noch mal in das vorige
Abteil, sah den weißen Beutel auf dem Sitz, griff danach . . . "Halt, das
ist meiner!" so wurde ich in meiner Handlung gebremst. "Ihren habe ich
da hinauf gelegt!" Na prima, er war wenigstens wieder da . . .
Es war nur ein Pullover und mein Nackenhörnchen ( so ein gebogenes Kissen)
drin, aber immerhin, die Reise hatte ja auch erst begonnen!
Wir kamen gut voran mit der Bahn. Sie ist nicht so schlecht, wie sie mitunter
hingestellt wird. Wo ist denn schon alles technisch vollkommen und absolut
sicher? Die Fahrt verlief angenehm. Man konnte sich bequem hinräkeln und die
Landschaft an sich vorbeiziehen lassen. "Guck mal, dort ist die
Wartburg!" Wir hatten viel Zeit zum Unterhalten. Immerhin sind auch wir in
unserem Alter noch ziemlich aufgekratzt, wenn einem so tolle Erlebnisse
bevorstehen.
Schließlich erreichten wir pünktlich um 14:38 Uhr Frankfurt. Nachdem wir
unsere Koffer einige - na, ziemlich viele - Stufen hinaufgetragen hatten,
bemerkten wir, dass sich auf diesem Bahnsteig gar nichts tat. Also zogen wir sie
nun hinter uns her zum Querbahnsteig vorn, dann ließen wir uns, ich glaube
zweimal, die Rolltreppe hinuntergleiten. Von dort fährt die S-Bahn in Richtung
Flughafenbahnhof.
Für diese Strecke brauchte sie 10 Minuten. Doch wir waren nicht in Eile, denn
bis zum Abflug nach Madrid lagen noch gute vier Stunden in Reserve. Auf dem
Flughafen-Bahnhof musste man wieder Rolltreppen hinauf, denn oben auf der
Sky-Line pendelt etwa alle zwei Minuten ein schmucker, ferngesteuerter Waggon
zum Airport. Er glitt fast lautlos dahin und gewährte durch seine
Panorama-Fenster einen schönen Blick auf den Flughafen.
Wer nicht oft auf Flughäfen zu tun hat, wird leicht benommen von den Ausmaßen
der Hallen auf verschiedenen Ebenen mit all den Abfertigungs-Schaltern, den
Anzeigetafeln, die immer wieder neue Daten vermitteln und all dem geschäftigen
Hin und Her der Menschen. Wieder waren Rolltreppen zu bewältigen, aber
zusätzlich weite Strecken zurückzulegen. Da nahmen wir uns einen der großen
bereitstehenden Gepäck-Transport-Wagen. Es sieht kreuzgefährlich aus, wenn man mit
dem auf die Roll-treppe auffährt und er sich samt der beachtlichen Ladung
schrägstellt. Man meint, sich dagegen stemmen zu müssen, aber es ist nur ein Sicherungshebel hochzudrücken und am
Ende der Treppe wieder freizugeben. Das lernt man schnell.
Nun hatten wir aber Zeit, uns einchecken zu lassen. Erst ein neuer Schreck und
Adrenalin-Stoß für mich: Wo ist mein Reise-Pass?" Suchen, suchen, suchen
- , dann ein befreites Aufatmen, er war nur in einem anderen Fach des Rucksacks.
Mit dem "Check-in" wurden wir die Koffer los, die wir erst in Buenos Aires wiedersehen sollten. Als wir in Madrid die Maschine wechselten,
wurden auch die Koffer umgeladen, na klar. Mit grünem Rucksack und weißem
Beutel konnte ich leicht schreiten, Christoph führte nur seine Ledertasche mit
sich. So ließen wir uns im Cafe "ALFREDO" nieder, auf Christophs Kosten genossen wir jeder eine Tasse Kaffee, den teuersten seit - ja seit wann?
- 5.50 DM pro Tasse, er - koffeinfrei; später hieß es immer "descafeinado" (span.) oder
"decaffeinated" (engl.).
Ich erinnerte mich an den Flughafen Berlin-Tegel, da lief man rundum, - hier in
Frankfurt ging es geradeaus; und wir erst mal in die entgegengesetzte Richtung.
Also jetzt zurück, so verging die Wartezeit "wie im Fluge" - ohne
dass wir schon geflogen wären.
Doch nun war es soweit, wir fanden unseren Platz im Flugzeug, schnallten uns an,
statt 19:25 Uhr wurde es jedoch 19:40 Uhr, noch ein bisschen Rumpeln im Karton,
dann Ruhe, wir hoben ab. Ein Blick noch hinunter auf Frankfurt und dann Madrid
entgegen. Das Abendessen im Flugzeug kam uns sehr gelegen, wir ließen es uns
schmecken. Lange dauerte es dann nicht mehr, in Madrid landeten wir um 21:55
Uhr.
In der riesigen Halle des Madrider Flughafens verweilten wir etwa 3 Stunden.
Einen guten Platz fanden wir vor den Schaufenstern eines Kunstgewerbe-Geschäftes, welches bis
Mitternacht geöffnet war. Ich bekam Durst, da tauschte ich an der Wechselstube 2 $ in Peseten um und holte mir
aus dem Automaten eine Dose Sprite. Christoph mochte nichts Kaltes, ich
erbettelte normales Trinkwasser für ihn an einem Ausschank. (Die wollten keine $ annehmen!) Eine halbe Stunde vor Mitternacht kam
ein Mann zum Verkäufer des Kunstgewerbegeschäfts und übergab ihm eine Bauchtasche, die
nebenan auf einem Sitz liegengeblieben war. Christoph war mal weggegangen, ich erzählte ihm das, dann
musste ich auch mal weggehen. In diesen letzten Minuten, bevor der Verkäufer
den Eingang abschloss, kam tatsächlich der Besitzer der Bauchtasche und durfte sie wieder entgegennehmen. Diesen Vorgang
konnte Christoph beobachten. Wer weiß, was dieser Tourist sonst wohl für
Probleme bekommen hätte!
Sonntag, 30.Januar: Um 0.30 Uhr begann das Einsteigen in die riesige
Maschine, 347 Passagiere nahmen ihre Plätze ein. Je drei Plätze seitlich und
vier in der Mitte. Christoph saß links am Fenster, dann ich und neben mir ein
total erkältetes, verschnupftes Frauenzimmer mit langem schwarzen, aber
ungepflegtem, Haar. Und die hatte das gemeinsame Gepäckfach mit ihren Klamotten
voll belegt, so dass ich meinen Rucksack zwischen die Füße stellen musste.
Dabei standen uns 12 Flugstunden bevor . . .
Vorerst ging mir aber mehr das Technische durch den Kopf. So ein riesiges
Flugzeug der Gesellschaft
"IBERIA" mit 347 Passagieren und der Besatzung, mit der Masse an
Gepäck und dem Vorrat an Treibstoff für einen 12-stündigen Flug an Bord,
musste sich in den nächsten Minuten in die Luft heben und auch oben bleiben,
vorwiegend über dem Ozean. Während dieser Gedankenführung brachte sich die
Maschine in die Start-Position, das dauerte von 1:10 Uhr bis 1:25 Uhr, dann
düste sie los; auf dem großen Monitor konnte man die Daten ablesen. Bei 350
km/h hob sie ab - und um 2:00 Uhr, also nach 35 min. hatte sie eine Höhe von
9400 m erreicht und flog mit 964 km/h dahin. Zu dieser Zeit war es in Buenos
Aires, unserem kommenden Zielort, erst 22:00 Uhr. Wir richteten die Uhren schon
darauf ein!
Gegen 3.00 Uhr rüttelte und schüttelte es uns in zunehmendem Maße; wir hatten
den Nachtimbiss bereits serviert bekommen, doch ihn zu essen war ziemlich
kompliziert, weil man mit dem Messer bzw. mit der Gabel immer daneben stach; die
kleine Weinflasche fiel um, ich fing sie gerade noch auf. Turbulenzen machten
dem Flugzeug deutlich zu schaffen. Nach anderthalb Stunden wurde es wieder
ruhig, wie schön!
Gegen 5:30 Uhr bemerkten wir den Sonnenaufgang, wir befanden uns an Brasiliens
Küste und flogen weiter über Brasilien nach Süden in einer Höhe von 10700 m
mit 900 km/h. So näherten wir uns
Argentinien, entdeckten die Hauptstadt von oben und landeten - wohlbehalten - um
9:20 Uhr.
Wahnsinn! Da standen wir nun auf südamerikanischem Boden im Hochsommer, am
30.Januar 2000 !
Die Passkontrollen nahmen allerhand Zeit in Anspruch, die Warteschlangen
waren lang. Unser Gepäck kam auf dem Fließband in großen Schleifen angerollt.
Bus- und Taxi-Unternehmer hielten ihre Namens-schilder hoch, so auch die
Vertreter unserer NCL-Gesellschaft. Vor dem Flughafen-Komplex standen
zwei klimatisierte Reisebusse bereit. Ein paar Minuten lang spürten wir die
Wärme der argentinischen Sonne am Vormittag; 11:20 Uhr saßen wir im Bus und
fuhren am Rande der großen Stadt dem Hafen zu.
Der Reiseleiter teilte uns Wissenswertes mit : Argentinien hat 35 Mill.
Einwohner, mehr als ein Drittel davon lebt im Großraum Buenos Aires. In der
Stadt selbst wohnen 3 Millionen. Rund 85 Prozent der Einwohner sind
europäischer Abstammung. Zwischen 1850 und 1940 wanderten 6,6 Mill. Europäer
ein, vor allem Spanier und Italiener, aber auch viele Franzosen, Briten,
Deutsche, Russen und Polen.
Das Land ermuntert weiterhin zur Einwanderung.
Argentinien nahm wirtschaftlich einmal den 3.Platz in der Welt ein, es ist
reich, doch Schutzzölle und Verwaltung haben vieles lahmgelegt, heute steht es
an nur 40. Stelle in der Welt. Von großer Bedeutung ist die Aufzucht von
Rindern, deren Schlachtung, Verarbeitung und Kühlung. Die Einnahmen durch
Fleisch, Häute und Felle betragen etwa 11 Prozent der gesamten Exporteinnahmen.
Auch nach Deutsch land wird argentinisches Steak exportiert. Argentinische
Pferde genießen als Renn- und Polopferde einen hohen internationalen
Stellenwert. Im südlichen Argentinien (Patagonien) werden 40 Prozent aller
argentinischen Schafe gezüchtet. Riesige Mengen an Wolle werden exportiert.
Während solcher Informationen fuhren wir am Luna-Park (Vergnügungspark) und am
Konzerthaus vorüber. Leider war für eine Stadtrundfahrt keine Zeit im Programm
vorgesehen. Andere"Kreuzfahrer" hatten über ein anderes Reisebüros
bzw. privat in einem Vorprogramm einen Aufenthalt in Buenos Aires geplant. Die
Stadt ist schachbrettartig angelegt, wir waren zwar noch nicht ganz matt, aber
zum
richtigen Match konnte es nicht kommen. Wir betraten nun das Feld
"Hafen", und da leuchtete es wunderschön in Weiß und Blau, unser
Schiff, die "Norwegian Crown". Durch eine Halle mussten wir noch
hindurch, an den Tischen wurden wir avisiert, registriert und erhielten unsere
Kabinen-Nummer.
Christoph wurde stutzig - "Diese Nummer 8024 kann keine Innenkabine sein
!!!" Etwas Geduld war noch vonnöten, 12:30 Uhr waren noch nicht alle
Kabinen hergerichtet. Wir nahmen zur Erfrischung
ein Tonic zu uns, dann begaben wir uns auf das Deck 8, schon mal prima, - und
siehe da - wir sind
durch das "Fortuna -System" zu einer Außenkabine mit großem Fenster
gekommen. Bestellt hatten wir
aus Sparsamkeitsgründen eine Innenkabine, legten uns aber nicht auf ein
bestimmtes Deck fest, sondern
überließen das dem Reisebüro und seiner Auslosung. Wir hatten einfach Glück.
Diese Kabinen auf Deck 8 werden durch darüberhängende Rettungsboote im
Ausblick etwas beeinträchtigt, deshalb kom
men sie mit in die Verlosung. Aber über unserem Fenster war sogar eine Lücke
zwischen den Booten!
Unsere Freude war mächtig und - wie sie sich im weiteren Verlauf der Kreuzfahrt
immer wieder
bestätigte- auch voll berechtigt.
Einrichten konnten wir uns jetzt nicht, die Koffer wurden uns noch lange
vorenthalten. Wir wussten aber, dass sie zum Schiff transportiert worden sind.
Also blieben wir ruhig . . .
Duschen war schon möglich, weil Handtücher und Duschgel zum Komfort in der
Kabine gehören.
Dann erkundeten wir das Schiff. Da bekamen wir mit, dass wir zum
Begrüßungs-Dinner kommen können. Dort wählten wir aus einem großen Angebot
erlesener Speisen manches Gute aus. Ich habe sogar ein Bier bestellt für 4 $, =
8.-DM ! Das hat sich nie wiederholt.
Nachdem wir satt und zufrieden waren, pilgerten wir auf dem 7.Deck entlang, da
konnte man rund um das Schiff gehen. Christoph war sehr an den aktuellen
Temperaturen interessiert. Er besitzt ein großes Thermometer, etwa 25 cm lang;
auf der weiß emaillierten Fläche ist die Skala deutlich zu sehen. Dieses
Gerät stand vor 22 Jahren in seinem Doppelfenster im Studenten-Wohntrakt der
Lomonossow-Univer
sität Moskau. Es zeigte dort meist Temperaturen um 26 ° C Grad Kälte an. Ich
kann es bezeugen,
denn ich bewohnte die gleiche Einheit. Nun ging er mit diesem Messgerät als
Amateur-Meteorologe über das Deck und las am Abend + 28 ° C ab!
Unterdessen brachten die Gepäck-Träger unsere Koffer an, wir gaben ihnen je
1.- $ , sie freuten sich.
Wir begannen, unsere Klamotten in den Schränken und Kästen ordentlich zu
verstauen. Das braucht seine Zeit. Dann eilte ich wieder aufs Deck und sah, dass
ein Schlepper unser Heck vom Kai wegzieht, denn unser Schiff wollte nunmehr
Buenos Aires verlassen. Nach kurzer Fahrt ankerte es bereits wieder
im Rio de la Plata und lag die ganze Nacht, um aus einem Tanker Treibstoff
aufzunehmen. Eigentlich
sollte im Hafen getankt werden und während der Nacht Montevideo angesteuert
werden. Doch das Tanken auf See scheint um vieles billiger zu sein, weil
zollfrei, so entschied sich der Kapitän, erst am nächsten Morgen den Anker zu
hieven. Na gut, das ist seine Sache, aber deshalb fiel später ein Landgang aus.
Übrigens setzt sich der Rio de la Plata aus den Flüssen Paraná und Uruguay
zusammen, er ist ein
300 km langer Mündungstrichter, der an der Mündung ins Meer 230 km breit wird.
Montevideo hat
den besten Naturhafen. Künstliche Häfen sind die in La Plata und Buenos Aires.
Montag, 31. Januar: Ich habe während dieser ersten Nacht an Bord wunderbar
geschlafen, dieses sanfte Wiegen wirkte sich bestens aus. Unsicher fragte ich
Christoph nach dem Erwachen, ob er durch mein Schnarchen nicht gestört worden
sei. " Du hast überhaupt nicht geschnarcht !" freute er sich mit mir.
Da ich ihn gewarnt hatte, besorgte er sich zu Hause schon Ohropax, um sein
Schicksal zu mildern. Er hat es tatsächlich nie benutzen müssen. Da war ich
aber froh! -
Unser Schiff setzte sich nun in Bewegung . . . Wir bemerken, dass sich
vorwiegend Passagiere aus
Amerika und Frankreich an Bord befanden. Auch Spanier fielen uns auf, dann 2
Paare aus Neu-Kaledonien, (bei Neuseeland ) und 2 Japaner. Von den 1000 Passagieren an Bord waren
vielleicht 100 aus Deutschland. Alle Durchsagen von der Brücke oder der
Reception kamen zuerst in englischer Sprache, danach in Spanisch und
Französisch, schließlich in gekürzter Fassung auch in Deutsch. Manchmal
ärgerte uns das, weil wir gern vollständig informiert gewesen wären. Da haben
wir nun so fleißig Russisch studiert, - - - und was hat es uns hier genützt?!
Nicht einmal die Russen-Mafia war an Bord!
Beim Frühstück saßen wir oft mit den Amerikanern oder Franzosen am Tisch,
weil es da keine fest-
gelegte Zeit und keinen festgelegten Tisch gab. Es kam da schon auch zum
Gespräch, manchmal haben
Männer in Deutschland gedient und erinnerten sich gern, bzw. Frauen lebten
früher in Deutschland,
Österreich oder in der Schweiz und wanderten mit Amerikanern aus. Das war schon
interessant. Gut, wenn man nicht viel spricht, kann man umso mehr essen! Bei
diesem überaus reichen und leckeren
Angebot an kalten und warmen Vorspeisen, an warmen und kalten Suppen, an
Frucht-Mix- und Salat-Tellern, an Hauptgerichten und schließlich an Desserts - Kuchen und Eis wurde
man doch reinweg zum
üppigen Essen verführt. Meine Figur war schon bald verdorben, der Bauch
wölbte sich und musste durch den Pullover kaschiert werden. Da nahm ich mir
x-mal vor, morgen nicht soviel zu essen, aber die
Meeresluft regte wohl den Appetit von neuem an und ließ den guten Vorsatz
vergessen. Abends saßen wir stets am gleichen runden Tisch mit weiteren 8
Deutschen zusammen. Ein Herr, der jetzt in Chicago
lebt, sprach unentwegt während des Essens; wo immer jemand gewesen war, er war
schon vorher dort; was jemand auch erlebt hatte, er hatte es hautnaher und
tiefgründiger erlebt. Er ließ soviel durchblicken, dass er Journalist und
Fotograf gewesen sei. Er versuchte immer, neben einem anderen von uns zu sitzen,
damit auch jeder durch seine Stories in Erstaunen versetzt würde. Was soll's,
jeder hat seine Eigenheiten, jeder ist ein Typ für sich, da brauchen wir uns
selbst nicht auszunehmen, oder?
Nachmittags, so um 15:20 Uhr, saßen wir an der Reling auf der Schattenseite,
bei einer Temperatur von 26 ° C wirkte der Fahrtwind angenehm.. Der breite Rio
de la Plata erscheint schon wie das Meer.
Wir genießen den Blick aufs Wasser und das leichte Wellengekräusel. Monoton -
beruhigend hörte sich das Geräusch der Motoren und das Anschlagen der Wellen
an die Schiffswand an. Der Tag neigte sich,
gegen 20:00 Uhr legten wir in Montevideo an. "Ich sehe einen Hügel",
bedeutet das spanisch. Ich habe ihn heute abend auch gesehen. Der
"Cerro" (Hügel) ist das Wahrzeichen der Stadt. Für den kommen-den
Tag stand eine Exkursion durch Montevideo auf unserem Programm.
Dienstag, 1.Februar: Ein Blick aus dem Fenster, sonnig begann der Tag. Schon
fuhren die Reisebusse am Pier vor. 8:15 Uhr setzte sich unser Bus in Bewegung.
Nach wenigen Minuten waren wir in der Altstadt. Die Reiseleiterin wies auf
historische Gebäude hin, die jedoch alle dringend der Sanierung bedürfen. Die
Strassen wirkten nicht sauber, es lag mancher Müll da. Doch der kleine Park vor
der Kathedrale schien gepflegt. Wir bogen in eine größere Straße ein, fuhren
am Solis-Theater vorüber und befanden uns dann auf dem weiträumigen "Constitution
Square"- Platz der Verfassung. Nach einem Foto-Stop erreichten wir den
"Independenz Square" - Platz der Befreiung, in seiner Mitte das Monu
ment des Nationalhelden José Gervasio A r t i g a s und das Mausoleum. Es
gelang ihm im Jahre 1815 Montevideo der Kontrolle von Buenos Aires zu entziehen
und die Unabhängigkeit Uruguays zu sichern. Doch im Jahre 1817 wurde er von den
Portugiesen besiegt und ging 1820 ins Exil nach Paraguay.
Auf der " Straße des 18. Juli" (Haupt-Geschäftsstraße) fielen uns
historische Fassaden auf, die sehr sanierungsbedürftig waren.. (Wir kennen und
verstehen das.) Es wurde administrativ angeordnet, dass vor jedem Haus 2-3
Bäume gepflanzt werden müssen und Ruhebänke aufzustellen seien. Wir bemerk
ten, dass man sich daran hält. Nun weitete sich der Blick, wir sahen das
uruguayische Parlaments-Gebäude vor uns, an den Ecken stehen große Skulpturen, die den Menschen der
produktiven und der wissenschaftlichen Arbeit gewidmet sind. Wir besichtigten
den Palast nun auch innen.
Wände, Stufen, Säulen - alles aus verschiedenen einheimischen Marmor- und
Granitarten gefertigt, dazu farbig gestaltete Glasfenster; sehr beeindruckend.
Wir fuhren weiter und wurden von der Reiseleiterin informiert: Marmor und Granit
aus Uruguay sind wichtige Exportartikel. Schafe (30 Mill.) und Rinder (10 Mill.)
werden zu Fleisch, Leder, Fellen, Wolle verarbeitet und exportiert. Die
Schafwolle wird vorwiegend nach China und Amerika als Strangwolle geliefert.
In Uruguay leben 14000 Deutsche in Kolonien, z.B. die Mennoniten.
Mit Beginn der Entdeckungen und Eroberungen des Kontinentes wurden die
Ureinwohner ("Indianer")
auf grausame Weise ausgerottet. Am Rande eines Parks, nahe der Straße, erinnert
ein Bronze-Denkmal "Die letzten Indianer , es stellt eine Indianerfamilie
dar, mahnend an solches geschehene Unrecht.
Nicht weit davon schauten wir uns ein weiteres Denkmal aus Bronze "Die
letzte Postkutsche",
gezogen von Pferden, an.
Wir gelangten zum Rande der Stadt, fuhren an einem langgestreckten
"Flohmarkt" vorbei. Da werden Sachen angeboten, die wir wirklich als
Müll bezeichnen. In dieser Gegend leben viele Menschen in Slums. Sie waren z.T.
ehemals Selbständige auf dem Lande, konnten dort nicht mehr existieren,
wanderten in die Stadt ein und sammeln nun in Säcken den Müll im Stadtgebiet.
Man sieht mit Säcken beladene Eselskarren durch die Straßen fahren. Ein karges
Einkommen für ein elendes Leben.
Ein Bauarbeiter hat einen Stundenlohn von 15 - 20 Pesos. Zum Überleben
bräuchte man -ohne die
Miete ! - 1000 $.
Wir erreichten "Cerro", den "Berg" , und erfuhren, dass er
früher eine bevorzugte Wohngegend war. Hier sahen wir auch hübsche
Einfamilienhäuser, die Fenster jedoch mit Gitterwerk gesichert.
Die Kriminalität ist mehr und mehr angestiegen und versetzt die Menschen in
Angst und Unruhe.
Von der Festung auf dem Berg bot sich ein schöner Anblick zur Stadt hinunter,
zum Hafen am Rio de la
Plata. Dort wurde im Jahr 1939 die "Graf Spee" versenkt, durch den
Einsatz von Kapitän Langsdorf (?)
( -Ich muss mich noch befragen! - wurden 1260 Leute gerettet. -Davon leben noch
5 Personen hier!)
Wir fuhren wieder hinab in die Stadt und kamen vorbei am Armee-Platz, auf dem
Platz innerhalb der Kaserne bereiteten sich Soldaten in Gardeuniform wohl auf
eine große Parade vor. Weiter ging die Fahrt am Fahnenplatz vorbei, dann am
italienischen Krankenhaus vorüber, welches in einer vornehmen Wohn
gegend liegt.
Einen Halt machten wir am großen Monument "Der letzte Planwagen" , zu
dessem Guss 11 Tonnen Bronze verwendet wurden. Das Denkmal ist schön sichtbar
auf einem Hügel am Rande eines Parks.
Im Vorbeifahren erkannten wir das "Estadio Centenario" - 1930 wurde
hier die 1. Fußball-Weltmeister
schaft ausgetragen. Hat da Uruguay gewonnen? Vielleicht das einzige Mal? Ich
habe nicht gut zugehört!
Man wies uns auf die Universitäts-Klinik hin, die zum Glück nach einigem
Hick-Hack nicht privatisiert wird. Hier wirken die besten Ärzte. - Was das
Thema Studium betrifft: Studieren ist kostenlos in Uruguay.- An einem Denkmal
für die italienischen Einwanderer fuhren wir vorbei , entlang an einem Park zur
Naherholung ,und gelangten in die vornehme Wohngegend Carrasco, wo sich vor
allem Diplomaten niedergelassen haben. Wunderschöne Anwesen und mit herrlichen
Gartengrundstücken erfreuten das Auge, das andere auch! Wir bekamen eine halbe
Stunde Zeit für einen Strandgang, - vor der Sonne sollten wir uns schützen,
infolge der Nähe des Ozonlochs wäre sie hier besonders schädlich. Aber die
Leute beachten es auch hier nicht. Momentan sind die Tagestemperaturen hier
30°C, nachts
20°C. Beständig weht ein leichter Wind vom Meere her. Im Mai sinkt die
Temperatur zu 0°C und es treten Stürme auf, dann wird es ungemütlich, feucht.
Auf dem Lande, wo das Meer seinen Einfluss verliert, kann es zu -10°C kommen.
Mir hat es hier nicht besonders gefallen, ein wenig kahl vielleicht.
Ein Riesenhotel aus alter Zeit fiel besonders auf, die kleinen Pensionen weiter
hinten fand ich anziehend.
Auf der Straße am Strand entlang fuhren wir vorüber am Winston
Churchill-Denkmal, am Monument des Holocaust, an der Amerikanischen Botschaft,
am Goethe-Platz, an der Deutschen Botschaft - und schließlich an der ältesten
Werft von Montevideo. "Das Haus in Montevideo" von Götz sahen wir
nicht.
Nach 4 Stunden Stadt-Impressionen erreichten wir endlich unser Schiff wieder -
und freuten uns auf
die entspannende weitere Seefahrt.
15:30 Uhr hieß es " Leinen los ! " Wir verabschiedeten uns von
Montevideo, gleiteten hinaus auf das offene Meer. An der Farbe des Wassers
merkte man bald, dass wir im Meere waren, denn der Rio de la Plato beinhaltet
eine Menge Abwässer und zeigt sich grau-braun, - das Meer aber mal in Blau, mal
in Grün, mal wie Silber und mal wie Gold, das ist wirklich schön!
16:00 Uhr gingen wir in den tollen Speisesaal mit dem Namen "Seven
Continents" "7 Kontinente"
zur teatime ! Ich hatte noch die Shorts vom Vormittag an, da fand ich keinen
Einlass; also schnell eine Etage höher in die Kabine und fix umgezogen, kein
Problem. Ich fühlte mich noch mächtig angefüllt vom Mittagessen, wollte
eigentlich nichts außer dem guten "Earl Gray" zu mir nehmen, - - -
aber die kleinen Kuchen waren doch so appetitlich und lecker!
Doch dann bummelten wir über die Decks und blickten hinaus auf Meer und Wellen;
die Heckspur machte sich durch weißen Schaum deutlich; wie eine breite Straße
bis zum Horizont. Die Sonne strahlte.
18:30 Uhr zeigte die Uhr, ich duschte, Christoph wartete noch. Unterdessen
bemerkte er, dass das Schiff zu Schaukeln anfing, - - - bald spürte ich es
auch. "Na mal sehen, wie das noch zunimmt !" dachte ich,
noch sind wir nicht weit nach Süden gekommen. P u e r t o M a d r y n heißt
das nächste Ziel an der
argentinischen Küste, vor der Halbinsel V a l d e s. Aber um es zu erreichen,
brauchen wir diese Nacht, den ganzen morgigen Tag und die weitere Nacht! Wir
haben viel Zeit . . .
Heute abend möchte der Kapitän alle seine Gäste begrüßen - mit Handschlag -
1000 Leute! Dazu müssen wir uns fein herausputzen. Jetzt stellt Christoph fest,
dass man aufpassen muss, um durch das Schaukeln des Schiffes beim Duschen nicht
ins Rutschen zu kommen.
Christoph zieht einen Anzug mit Weste an und trägt eine rote Fliege, also ich
weiß nicht, ob ich da mitkomme. Zur grauen Hose ziehe ich ein
Anthrazit-Fleece-Jackett an, auf dem hellblauen Hemd glitzert meine dunkelblaue
Klöppel-Krawatte. Na, wir probieren es aus. Die Gäste stehen vor der "Stardust-Lounge"
(Diesen Namen trägt der Veranstaltungs-Saal.) paarweise an, fast alle lassen
sich vom Schiffs-Profi-Fotografen fotografieren, wir umgehen ihn.( Nun haben wir
gar kein Dokument, wie wir aussahen; ich selbst habe auch vergessen, uns zu
fotografieren.) Der norwegische Kapitän schenkte jedem einen "handshake"
und fragte in Englisch, wie es einem ginge. Lange konnte er auf die Antwort
nicht warten, er guckte schon zum nächsten Gast. Man muss sich vorstellen, dass
er diese Zeremonie heute schon zum zweitenmal macht. Wir gehörten nämlich zur
zweiten Sitzung, deren Abendessen erst um 20.30 Uhr beginnt. Doch er blieb
locker und freundlich, genauso wie die Moderatoren und Dolmetscher neben ihm.
Wir setzten uns ins Halbrund der "Stardunst-Lounge", die Bedienung
schenkte Sekt ein, nach Belieben durften wir trinken, es wurde nachgeschenkt.
Der Kapitän, - sagt man,- kommt dafür auf!
Nun postierten sich die wesentlichen Personen der Crew vor uns auf der Bühne
und stellten sich vor -
in englischer Sprache, so kriegten wir wieder nur 10 Prozent mit; durch den Sekt
glücklicherweise wei-tere 0,8 Promille. Also - das ist der Kapitän, Aage
Hoddevik, er wirkte gelöst, als hätte er seinen Sekt gründlich probiert;
daneben der Chef-Ingenieur, Geir Saether, symphatisch; dort der Koch, Rudi
Breit, recht jung ,-ein Süddeutscher; der Hoteldirektor Kjell Jorkjen; daneben
der Schiffsarzt , ziemlich ernst, er verzog keine Miene.
Sie waren sich einig darin, uns eine schöne Reise mit unvergesslichen
Eindrücken zu wünschen.
Danach suchten wir das Speiserestaurant auf und wählten von der Speisekarte,
die uns auch in Deutsch vorgelegt wurde, die verlockendsten Angebote, die meist
französisch bezeichnet werden.
Anschließend sahen und hörten wir uns noch die Musical - Show in der
Stardust-Lounge an, die bis
23:15 Uhr dauerte. Es war von Nachteil, dass wir bei den Mahlzeiten zum 2.
Durchgang gehörten.
Alle Veranstaltungen wurden natürlich zweimal durchgeführt, für uns immer ab
22:30 Uhr. Bis dahin
war aber der Tag ganz schön lang, es trat die völlig normale Müdigkeit ein,
dazu kam der soeben gut gefüllte Magen, der einen auch nicht gerade munter
macht. Ja, dass alle Moderationen zwischen den
Darbietungen in englischer Sprache erfolgten, bremste unseren Drang, überhaupt
hinzugehen. Abgesehen davon, dass die Veranstaltungen nicht von
außergewöhnlicher Qualität waren.(Ich erinnere
mich an unsere Kreuzfahrt im östlichen Mittelmeer auf der M/S
"Rhapsodie", dort fand ich die Pro
gramme und die Interpretationen hochwertiger.) Wir waren also selten Gäste in
diesen Veranstaltungen, es hat uns aber deshalb nichts gefehlt. Viel lieber
haben wir uns in der Piano-Bar aufgehalten und dem
flüssigen Spiel des Entertainers zugehört, der es verstand, dem dort
versammelten Publikum Musik-wünsche zu entlocken, die er dann prompt spielen
konnte und die Leute sogar zum Mitsingen animierte. Da muss man den Amerikanern
ein großes Kompliment machen, sie sind über alle Maßen begeisterungsfähig
und äußern das lauthals, wenn ihnen etwas gut gefällt, - und sie lassen sich
nicht lange bitten, sie machen mit, wenn sie angeregt werden. Der Deutsche hält
sich ziemlich zurück,
traut sich nicht, - - - doch da gehe ich vielleicht zu sehr von mir aus. Es gibt
auch Deutsche, die gleich ins Extrem verfallen und unangenehm auffällig werden.
Für letzteres habe ich jetzt kein Beispiel parat.
Aber was mich betrifft: Heute Nachmittag,, während das Schiff seinen Kurs
Richtung Puerto Madryn zog, fand ein Tango -Kurs in der Stardust-Lounge statt.
Die Interessierten auf dem Parkett ahmten
forsch die Schritte nach, die der Tanzlehrer zeigte, dann schaltete er die Musik
dazu ein. Ich stand am
Rande und probierte etwas zaghaft und verhalten allein für mich, das sah eine
Amerikanerin und mach
te mir die Andeutung, es mit ihr zu probieren. Das fand ich gut. Weiter als die
ersten zwei Takte bin
ich nicht gekommen; übrigens ist Tango auch nicht gerade einfach. Ich werde ihn
nie erlernen. Aber
weil das Schiff sich in argentinischem Bereich bewegte, sollten seine Passagiere
auch etwas vom typisch
argentinischen Rhythmus mitbekommen.
Mittwoch, 2.Februar: Eben berichtete ich vom Nachmittag des heutigen Tages. Ich
gehe gedanklich zum Morgen zurück. Beim Frühstück saßen wir mit dem Ehepaar
Lorena und Marion S h i n n beim Frühstück am Tisch. (Marion ist ein
amerikanischer Männername.) Wir unterhielten uns ganz angeregt. Da Lorena aus
Spanien stammt, wurden auch ein paar Worte oder Sätze in dieser Sprache
probiert . . .
Dem Christoph gefällt das viele Gerede beim Essen gar nicht sehr; er will sich
dem Essen widmen. Außerdem mag er es absolut nicht, wenn Gespräche so kreuz
und quer am Tisch laufen, da kriegt er
nicht alles mit. Ich eigentlich auch nicht, nur - - - mich stört es halt nicht
so. Ich weiß auch, dass einem das Essen besser bekommt, wenn man es in Ruhe zu
sich nimmt, bloß - - - ich vergesse das immer wieder.
Lorena wies mich darauf hin, dass mittags ein Spanisch-Kurs läuft; die erste
Lektion ist schon gewesen.
Heute habe ich mich in die zweite Lektion mit eingemischt, später noch mal in
die dritte. Dann ließ ich
es wieder sein. Es geht ja nur darum, ein paar Redewendungen zu erlernen, um
sich vorstellen zu können; zu sagen, woher man kommt; nach einem Weg zu einer
bestimmten Einrichtung zu fragen;
in der Gaststätte etwas zu bestellen; um etwas zu bitten oder sich zu bedanken.
Ich finde, das sollte man vor einer Reise ins Ausland schon zu Hause lernen, da
hilft einem auch der Computer dabei, der die Sätze sogar vorspricht. Hier auf
dem Schiff war es jedenfalls eine von vielen interessanten Aktivitäten. Weitere
waren z.B. Yoga, Rückenschule, Tänzerische Gymnastik, Meilenlauf ums 7.Deck
und anderes.
Jeden Tag saßen viele Passagiere beim Bingo-Spiel in der Stardust-Lounge. Das
reizte mich überhaupt nicht. Aber beim amerikanischen Square-Dance habe ich
ganz gerne mitgemacht. Das war lustig.
Nach dem Frühstück wollten wir aber auch sportlich aktiv werden und sind
deshalb eine halbe Stunde lang ums 7. Deck herumgewalkt.
Dabei hat Christoph eine Umrundung in 5 Minuten 10 Sekunden geschafft, während
ich dazu 3 Minuten 3o Sekunden gebraucht habe. (Ich bin 6 Jahre jünger! Erst
mal sehen, wie ich - und ob ich in 6 Jahren überhaupt noch laufe.) Danach
legten wir eine kleine Liegepause in der Kabine ein, aus dem Lautsprecher klang
schöne klassische Musik, das war wohltuend.
Das Mittagessen nahmen wir diesmal auf dem Sonnendeck ein, es befand sich
achtern. Dort lagen die Sonnenhungrigen auf den Liegestühlen und ließen
schädliche Strahlen auf ihre Körper prallen.
Dort konnte man aber auch im Pool schwimmen oder im Whirlpool sitzen. Von dort
aus durfte man
in sportlicher Kleidung in die Selbstbedienungs-Gaststätte hereinkommen. Es gab
auch da ein vielfältiges Angebot an Suppen, Speisen und Desserts sowie
Automaten für Kaffee - mit und ohne Koffein, heißes Wasser und Teebeutel,
Vollmilch und entrahmte Milch, Kakao, Fruchtsäfte.
Ich saß lieber im Restaurant "Seven Continents" , ließ mir die
Speisekarte reichen , die zur Tischdecke passende Stoffserviette vom Kellner entfalten - das macht er nämlich
wirklich - und beinahe!
auf den Schoß legen. Zu Hause muss ich eh alles wieder selbst machen, darum
ließ ich mich auf der Kreuzfahrt verwöhnen!
In der Kabine lief es ähnlich gut. Wenn wir beim Frühstück waren, machte der
Steward das Bett, legte
die Tagesdecke und die Paradekissen auf. Als wir zu Abend aßen, räumte er die
Tagesdecke weg, schlug
die Bettdecke zurück, tauschte die Paradekissen mit Kopfkissen aus, legte ein
Stück eingewickelte Schokolade als Gute-Nacht-Gruß darauf.
Na gut, heute leistete ich Christoph im Selbstbedienungs-Restaurant
Gesellschaft. Er hat ein Argument für diese Vorliebe. Man kann die Menge der
Portion selbst bestimmen; man muss sich nichts hinein
zwingen bzw. nichts zurückgehen lassen. Aber sehr oft hat er nicht dort zu
Mittag gegessen. Nach dem Essen machte Christoph Mittagsruhe, während ich - wie
vorhin erwähnt - am Spanischkurs teilnahm.
Danach wollten wir mal das Schiff von unten bis oben erkunden.
Ganz unten auf Deck 1 gibt es nichts für uns zu sehen.. Deck 2 ist das "Indoor
Pool Deck" , dort befindet sich ein Fitness Center, eine Sauna mit Massage,
Whirl-Pool und Swimming Pool, Juice-Bar, ein Beauty-Salon. Das Deck 3 nennt sich
"Playa Deck", dort sahen wir die Tür des Schiffsarztes, an der auch
die Preise für seine Leistungen ausgehängt waren. Eine Visite zur normalen
Sprechstunde in seiner Praxis kostet 50.- $ (100.-DM) Eine Ohrreinigung 15.- $ .
Deck 4 -"Coral Deck" und Deck 5 Laguna-Deck" sind nur
Passagierdecks.
Auf Deck 6 "Marina Deck" befinden sich - wie wir unterdessen wussten-
die Reception, die Tische der Reisebüros, wo man Exkursionen buchen kann, der
Tisch des Fotografen, die Foto-Ausstellung.
Dann folgt ein Durchgang zum "THE SEVEN CONTINENTS" - Dinning Room
(Speise-Restaurant).
Auf Deck 7 "Odyssey Deck" finden wir Geschäfte für Schmuck, für
Parfüm, für Souvenirs, für Kleidung, für Spirituosen und Süßwaren. Daran
schließt sich die Piano-Bar an. Hernach gelangt man ins Spiel-Casino"Monte
Carlo". Viele einarmige Banditen (Spielautomaten) finden hier ihre Opfer.
Ein Roulette-Tisch wird von einer hübschen Dame betreut.. Tagsüber ist sie
chic, abends elegant gekleidet, so erwartet sie es auch von ihren Gästen. Uns
hat sie - wenn überhaupt - nur für einige Sekunden dort stehen gesehen. Wir
gehen weiter nach hinten und geraten in den Yacht-Club, der sich zum Sonnendeck
hin - am Heck - öffnet. Ganz vorn - am Bug - ist die Stardust-Lounge.
Deck 8 "Lido Deck" ist uns am bekanntesten, hier haben wir unsere
Kabine. Zum Heck hin befindet sich dort noch ein Theater-Raum, eine Sport-Bar
und Ping-Pong-Tische.
Auf dem Deck 9 "Riviera Deck" sind vorwiegend Kabinen und zum Deck hin
auch ein kleines Theater.
Am Bug ist die Kommandobrücke, die wir an einem der nächsten Tage noch
besuchen werden.
Deck 10 ist das "Penthouse Deck", hier gibt es vornehme, teure Suiten
mit Terrasse. Auf dem Heck
werden ein Grill und ein Bar betrieben - für alle. Im Bereich des Bugs hat man
eine große Aussichts-fläche. Dort ist aber meist sehr windig.
Im Bugbereich des Decks 11 "Horizon Deck" kann man im
Panorama-Restaurant zugleich den Ausblick auf Meer oder Land genießen, dabei
die Band spielen hören, tanzen oder etwas trinken.
"Top of the Crown" - oben auf der Krone - nennt sich das Restaurant.
Wir haben alles gesehen!
Es tut mir jetzt noch leid, dass ich den Saunabereich nie aufgesucht habe.
Aber das nächste Mal!
Es ist noch immer Nachmittag. Den Tee und das Gebäck wollten wir wieder auf
dem Sonnendeck genießen. An unserem Tisch nahm ein kanadisches Ehepaar aus
Toronto Platz. Wir kamen bald ins Gespräch. Die sehr schlanke Frau hat uns
sofort an der Sprache erkannt und fragte uns in deutscher Sprache, aus welcher
Stadt wir kämen. Man meint immer, Dresden und Leipzig seien den Ausländern
besser bekannt. Aber als sie "Chemnitz" hörte, war sie ganz
überrascht. Ob ich einen Herrn Olschok kennen würde? Im Schauspielhaus! Ich
glaube, den Namen schon gelesen zu haben. Jedenfalls dürfte
ich ihn von Astrid Janson, einer Bühnen-und Kostümbildnerin grüßen.
Als wir zurückgingen und an der Stardust-Lounge vorbeikamen, hörten wir Musik
und schauten ein Weilchen beim Cha-Cha-Cha Kurs zu. Erst dann suchten wir die
Kabine auf, setzten uns in die zum Fenster gedrehten Sessel, legten die Beine
aufs Bett und schauten in dieser halbliegenden Stellung auf das wunderschöne
blaue, bewegte Wasser und den wolkenlosen Himmel. Die sinkende Sonne erzeugte
einen breiten Silberstreif auf den höher werdenden Wellen.
Donnerstag, 3.Februar: Ein neuer, sonniger Tag begann. Noch weit am Horizont
tauchte ein Landstrich auf, der später etwas aufriss und eine Bucht freigab, da hatten wir dann
rechts und links Land in Sichtweite - und weit hinten zeichnete sich unser
nächster Zielhafen ab, Puerto Madryn.. Schon begleitete uns ein kleines,
flottes, rotes Lotsenboot, das dicht neben unserem mächtigen Schiffsleib
vorwärtsdrängte. Es kannte die Gegebenheiten des Hafenbeckens und brachte uns
an die Anlegestelle. Die Busse standen bereits wieder bereit, aber wir hatten
keine Eile, denn unsere Exkursion begann um 11:15 Uhr.
Zuerst fielen uns die Abraumhalden einer Aluminiumfabrik auf. Durch sie hat
sich in wenigen Jahren die Bevölkerungszahl von 6 000 auf 60 000 vergrößert.
Viele fanden hier Arbeit; dass sie jedoch schon mit 45 Jahren rentenberechtigt
sind, spricht für sich!
Wir befanden uns auf der Halbinsel Valdés. Die Asphaltstraße verwandelte sich
bald in eine Schotter- straße, von der die Reifen beachtliche Staubwolken
aufwirbelten. Die Landschaft - öde und trocken,
es gediehen vorwiegend stachlige Sträucher, an denen sich Schafe die Zähne
kaputtmachen könnten, wenn sie nichts Besseres fänden. Hin und wieder fahren
wir an Schaf-Farmen vorüber. Es werden Merino-Schafe gezüchtet, aber durch die
anhaltende Trockenheit gibt es große Verluste. Windräder dienen dazu,
Grundwasser nach oben zu pumpen.
Wir machten an einem kleinen Naturkunde-Museum Halt und hatten eine halbe Stunde
Zeit, einen Einblick in die einheimische Fauna zu bekommen. Hier stand ein
Walskelett von 1984 im Mittelpunkt.
In dieser Gegend sind der Graufuchs und der Rotfuchs zu Hause, sie werden gegen
Belohnung von den
Bauern gejagt. Der Nandu, eine Straußenart, kleiner als der afrikanische, kommt
hier vor. Das Weib- chen legt 40-50 Eier; die das Männchen ausbrütet. Die
nicht befruchteten Eier werden die erste Nahrung für die geschlüpften Küken.
Wir entdeckten Maras, auch Pampashasen genannt; Sie wirkten wie kurz-ohrige
Hasen mit sehr langen Beinen. Sie gehören zur Art der Meerschweinchen. Sie
erreichen aber Kopf-Rumpflängen von 45 - 75 cm.
Wir unternahmen jedoch nicht wegen dieser Tiere diese Exkursion, sondern unser
Bus hielt schließlich
am äußersten Rand der Halbinsel an einer Steilküste, von der man hinunter an
den Meeresstrand blick
te . . . Und dort lagen sie faul um Sand und aalten sie sich in der Sonne, die
See-Elefanten.
Auf schmalen Pfaden konnten wir noch ein wenig nach unten gehen, um ihnen nur
etwas näher zu sein.
Mit meinem Fotoapparat, der leider über keinen Zoom verfügt, konnte ich von
diesen gewaltigen Wesen keine attraktiven Fotos machen; auf meinen Bildern
wirken sie wie dicke Würmer. Sie können 25 Jahre alt werden; die Bullen
bekommen ein Gewicht von 6 to. Die Kühe gebären je Jahr 1 Junges. Sie haben
eine Tragezeit von 11,5 Monaten; das Junge wiegt bei der Geburt ca. 50 kg; durch
die gute, fette Milch wiegt es nach 30 Tagen bereits 100 kg und muss nun
selbständig werden.
Gleich neben ihnen füllten - ich habe ihre Zahl mal so überschlagen - etwa 500
Seelöwen den Strand.
Sie werden im Januar mit einem Gewicht von 12 kg geboren; ein Jahr lang leben
sie neben der Mutter, bis das nächste Junge geboren wird.
Die Seelöwen liegen in verschiedenen Gruppen und machen etwas mehr Betrieb, sie
stoßen und schieben sich hin und her, andere schwimmen im Wasser.
Wale kann man ab Mitte Mai bis Dezember hier antreffen; da kamen wir
bedauerlicherweise zu spät.
Das wäre gewiss etwas ganz Besonderes gewesen. Es wird ja im Katalog auch
angepriesen. Aber die Tiere haben ihre eigenen Naturgesetze und werden sich den
Wünschen der Touristen nicht anpassen.
Bei der Geburt - mit der Flosse zuerst - sind Wale 5,5 m lang und wiegen 2
to. Sie trinken täglich 200 l Muttermilch und wachsen pro Tag 3,5 cm.
Erwachsene Wale können ein Gewicht von 30 to erreichen.
Eigentlich sollten wir mit einer Mahlzeit unterwegs versorgt werden, so war
es vom Reisebüro verspro
chen worden, doch das realisierte sich hier nicht. Es gab aber eine kleine
Imbissstube, in der ich mir ein
Stück Kuchen und eine kühle Cola leistete. Ich hatte ja direkt mal Hunger,
welch ein neues Gefühl!
Auf dem Schiff war der Magen doch ständig überladen; daran trug der Koch die
Schuld.
Unterwegs zeigte uns die Reiseleiterin noch einen hübschen Flecken mit
Badestrand, ein Naherholungs-Zentrum, - dann fuhren wir wieder dem Hafen
entgegen. Aus der Ferne leuchtete schon das Schiff her
über, das wollte ich gleich mal durchs Busfenster fotografieren. Ich nahm, wie
oft, wenn ich durch den Sucher schaue, die Brille ab. Wir näherten uns dem
Pier, nahmen unsere Sachen zusammen, - aber wo hatte ich denn meine Brille?
Nicht im Rucksack, nicht am Körper, nicht auf dem Sitz. Die Hektik wurde
größer, wieder mal ein Adrenalinstoß, - ob ich sie etwa vorhin am Badestrand
an einem Kiosk
liegen gelassen habe? Nicht auszudenken das Ganze! Christoph suchte auch mit . .
. Er entdeckte sie zwischen Sitz und Fensterwand, dort war sie hineingerutscht,
nachdem ich sie beim Fotografieren abgelegt hatte. Wie war ich froh!!! ( Sie
kostete mich immerhin 1.024.00 - in Worten eintausend-vierundzwanzig - DM ! )
Mir passierte schon mehrfach unterwegs irgendetwas etwas Schlimmes -
in materieller Hinsicht. In der Türkei war meine Geldbörse mit Personalausweis
weg für 24 Stunden!
Ich hatte sie im Bus statt in die Reisetasche neben die Reisetasche fallen
lassen. So fand sie der türkische Busfahrer beim Reinigen des Busses - und
brachte sie anderntags zurück, toll!
Während der England-Reise fiel mir die Brille beim Bücken aus der Brusttasche
und wurde von einem
der hinter mir gehenden Touristen zertreten. Das kostete zusätzliche 400.-DM,
das war weniger toll!
Nun waren wir wieder auf unserem Schiff. Also zu Hause! Wir hatten viel Zeit,
denn um die Strecke
bis zu den Falkland-Inseln zurückzulegen, brauchte das Schiff die kommende
Nacht, den nächsten Tag
und eine weitere Nacht . . .
Freitag, 4. Februar : Auch dieser Tag stand ganz im Zeichen der Seefahrt. Wasser
umgibt uns, nur
unser Schiff im Mittelpunkt des nassen Panoramas. Lediglich die schäumende
Heckspur zeigte, dass wir uns vorwärtsbewegten. Da konnte der
"Autopilot" auf der Brücke die Steuerarbeit locker übernehmen. Na
gut, wir nahmen gleich mal an einer Brückenführung teil und erfuhren durch den
Chef-Offizier Kaare Peddersen folgendes:
Diese norwegische Kreuzschifffahrts-Linie (NCL) existiert seit 1966. Unser
Schiff,
die "M/S Norwegian Crown", wurde im Jahre 1988 in Deutschland, und
zwar in der Meyer-Werft, Papenburg, gebaut. ( Unterdessen besteht diese Flotte
aus 9 Schiffen. ( S/S"Norway", M/S"Sea" , M/S"Crown",
M/S "Dynasty", M/S"Star", (Australien-Route), sowie M/S"Dream"
und M/S"Wind". Die M/S"Sky"ist das neue Flaggschiff. Es
fährt eine neue Strecke nach Alaska über Seattle, Washington. Ende August 1999
war Atlantik-Überfahrt: Dover - New York.
Unser Schiff hat etwas mehr als 34.000 Bruttoregistertonnen bei einer Kapazität
von
1 050 Passagieren und 470 Crew-Mitgliedern. Die Länge beträgt 187,75 m, die
Breite 32,30 m,
die Höhe 50 m , der Tiefgang 7,25 m. Es fährt mit einer Reisegeschwindigkeit
von 21 mph = 39 km/h, die maximale Geschwindigkeit kann 24,15 mph, das sind 45
km/h, erreichen. (m = Meile).
Wir legten während der gesamten Kreuzfahrt-Route 4066 NM = nautische Meilen
(Seemeilen)
zurück, das sind 7 530 km. ( 1 Seemeile = 1,852 km )
Interessant ist sicherlich, dass bei normaler Reisegeschwindigkeit 4000 Liter
Sprit pro Stunde verbraucht werden. Allein beim Liegen im Hafen werden 1000 l /
h benötigt.
Das Schiff verfügt über 4 MAN -Dieselmotoren, 2 große und 2 kleine. Wenn ein
großer Motor ausfällt, übernehmen die kleinen dessen Aufgabe.
Angetrieben werden 2 Propeller (Schiffsschrauben) von je 6,50 m Durchmesser mit
variablen Blättern. ( Ihre Leistung entspricht 18.106 KW )
Dass wir hohe Wellen gar nicht so toll spürten, verdankten wir den beiden
Stabilisierungs-Finnen, jede 17 Foot (1 engl Foot = 30,479 cm) also 5,18 m lang.
Sie wurden bei starkem
Seegang seitlich ausgelegt und reduzierten die Seitenbewegungen um 30 %. Na, das
war doch gut, was?
Über eine GPS-Satelliten-Anzeige besteht Verbindung zu 24 Satelliten, die durch
einen Lichtpunkt
auf der Schiffskarte die momentane Position des Schiffes anzeigen.
Ein Berührungs-Radar zeigt auf dem Bildschirm Wolken, Land, Wellen, Boote und
anderes.
Es kann bis zu 20 Objekte anpeilen und verarbeiten; es gibt Informationen über
Kurs ,Richtung, Geschwindigkeit und ob es zu einer Kollision kommen könnte.
Das Echolot misst den Abstand zwischen Kiel und Grund. Ein Wellenbrecher in
Torpedoform, direkt unter der Wasseroberfläche am Bug lässt ca. 2 Knoten mehr
Geschwindigkeit zu.
Im Logbook, dem Logbuch, werden sämtliche Angaben über Ankunft, Abfahrt,
Geschwindigkeit, Not
fälle medizinischer oder technischer Art festgehalten.
Mit derartigen interessanten Daten versehen, verließen wir die Brücke wieder
und genossen voller Vertrauen in Technik und Crew die Weiterreise.
Samstag, 5. Februar: Ich schob den Vorhang etwas beiseite, es war schon hell.
Ich öffnete ihn ganz. Wir glitten an einem Landstreifen vorbei. Die
Falkland-Inseln also schon in Sichtweite. Ich eilte erst einmal aufs Vorderdeck,
um eine Aufnahme von der entfernten Hafenstadt zu machen. Zwischen blauem Meer
und blauem Himmel lagen leichte weiß-rosa Wolken, schön. Mir schien, das
Schiff zog nur sehr langsam dahin. Na klar, da rasselte bereits die Ankerkette,
wir mussten doch auf dem Meere festmachen! Für solche großen Schiffe ist der
Hafen hier nicht ausgebaut.. Es war gegen 8:00 Uhr.
Wir lagen in der Bucht vor Stanley. Die verschiedenfarbigen Dächer der kleinen
Häuser am Hügel leuchteten in der Morgensonne zu uns herüber. Ein
erfreulicher Anblick.
Hört man das Wort "Falkland-Inseln" denkt man sogleich, da war doch
so ein Krieg,. . . die Nachrich
ten gingen im Jahre 1982 durch die Welt. Wie war das gleich? -
Zuvor vielleicht etwas aus der Geschichte: John Davis, ein engl. Seefahrer und
Entdecker, war wahrscheinlich der erste Europäer, der die Falkland-Inseln
erreichte, im Jahre 1592. Acht Jahre später landete der Holländer Sebald van
Weert hier, er nannte sie Sebaldinseln. 1690 durchsegelte der Engländer John
Strong die Meerenge zwischen Ost - und Westfalkland. Er nannte sie
"Falkland-Meerenge" nach dem britischen Politiker Lucius Cary, dem
2.Viscount Falkland. Dieser Name ging dann auf die Inseln über. 1764 siedelten
hier französische Kolonisten aus Saint-Malo auf Ost-Falkland. Daher stammt der
Name "Malvinas" für die Inseln. Ein Jahr später errichteten Briten
eine Siedlung auf West-Falkland.
1770 kaufte Spanien den Franzosen das Land ab. 1774 verließen die Briten die
Inseln.1816 stürzte Argentinien die spanischen Herrscher und verlangte 1820 die
Herrschaft über dieses Gebiet. Großbritannien übernahm jedoch 1833 die
Kontrolle über die Inseln. Argentinien erhob aber weiterhin Anspruch. Und nun
wieder zur Frage nach dem Krieg. Im April 1982 marschierten argentinische
Streitkräfte auf den Inseln ein und besetzten sie 10 Wochen lang. Von einer
britischen Spezialeinheit wurden sie geschlagen und ergaben sich am 14. Juni
1982. Argentiniens Anspruch auf die Falkland-Inseln ist ungebrochen. 1990 wurden
wenigstens die diplomatischen Beziehungen wieder aufgenommen.
Verwaltet werden die Inseln nach der Verfassung von 1985 von einem britischen
Gouverneur und einem Gesetzgebungsrat von 10 Mitgliedern.( Diese historischen
Daten habe ich der "Encarta 98" entnommen, es braucht keiner über
meine Kenntnisse zu staunen.)
Die Tenderboote wurden endlich von unserem Schiff herabgelassen. Jeweils 50
Passagiere fanden darin Platz und erreichten innerhalb von 15 Minuten die
Anlegestelle. Wenn man bedenkt, dass es hier im Jahr 250 Regentage gibt und die
Sommertemperaturen im Durchschnitt 8,3°C betragen, wir aber heute hier bei
herrlichem Sonnenschein und 16°C die Ross Road - die Hauptstraße am Strand -
entlanggingen, muss man doch einfach von außergewöhnlichem Glück sprechen.
Vom Meere her wehte zwar eine steife Brise, deshalb stellte man den Kragen des
Anoraks schon mal hoch, an windgeschützten Stellen wurde es einem aber so warm,
dass man den Reißverschluß ein ganzes Stück öffnete.
Als wir an dem kleinen Platz bei der Kirche vorübergingen, staunten wir über
die Blütenpracht auf den
Rabatten; da waren vor allem Lupinen und Mittagsblumen in kräftigen Farben;
auch Sträucher standen
in schönster Blüte. Klar, es war Sommer, wir hätten ihn nur so schön in
diesen Breiten nicht erwartet!
Dann fiel unser Blick auf das pavillonartige Gebilde aus vier Wal-Rippen neben
der Kirche. Das sah
man schon von der Anlegestelle aus sehr deutlich. Ein Stückchen weiter stießen
wir auf das Einkaufs-Center und ein Souvenir-Geschäft. Hier interessierten uns
einzig und allein Postcards und Stamps, also
Ansichtskarten und Briefmarken. Wir wollten doch wenigstens einigen Leuten einen
Gruß senden.
So einfach war das aber nicht, da man jedes Mal in einem anderen Land weilte. Da
brauchte man die landesüblichen Briefmarken und auch einen Briefkasten. Also in
Buenos Aires schrieb ich meinem Bruder Klaus eine Geburtstagskarte, aber am
nächsten Tag kamen wir in Montevideo an, da musste ich schon eine uruguayische
Briefmarke aufkleben und rechtzeitig in den Schiffsbriefkasten werfen. In Puerto
Madryn musste die Briefmarke eine argentinische sein, aber bei den Seelöwen
stand eh kein Briefkasten. Heute in Port Stanley brauchten wir englische Marken,
die bekamen wir auch; aber die Karten mussten wir hier schreiben und einwerfen,
denn beim nächsten Landgang wären wir ja schon in Chile . . . Also, Leute,
macht mal so eine Kreuzfahrt, dann versteht Ihr diese Probleme besser.
Wer aber einen Gruß von uns erhalten hat, der soll sich der besonderen Ehre
bewusst werden!
Vorerst gingen wir noch ein bisschen durch die Straßen spazieren, den Hang nach
oben. Dort war im Freien ein Wal-Schädel aufgestellt, daneben ein Harpune, -
und eine Schrifttafel wies kritisch darauf hin, welch große Anzahl von Walen
seit den 60er schon Jahren gekillt worden sind. In diesem Haus hier befand sich
also eine Tierschutz-Station. Von hier oben hatten wir einen schönen Blick zur
Hafenbucht. In den Gärten der kleinen Häuser sahen wir immer wieder schöne
Blumen. Die Häuser selbst sind meist mit Blech gedeckt, aber schön farbig,
Hier leben etwa 1400 Einwohner, zur Hälfte sicher Briten. Fußgängern begegnet
man kaum im Wohngebiet, aber immer wieder den Jeeps. - Wir mussten ständig
überlegen, wo wir denn die Karten schreiben werden, im Freien war es doch etwas
zu windig.
"Emma's Guest House" kam ins Blickfeld und uns gerade recht. Wir waren
im Moment die einzigen Gäste und blieben in der schattigen Mitte des
Gastraumes. Daneben in der Veranda war es windstill, aber die Sonne schien dort
so schön hinein, dass es uns sogar zu warm geworden wäre. Der Herr des
Familienbetriebs hätte vielleicht mehr von uns erwartet; Christoph bestellte
einen Kräutertee und ich eine Cola. Wir brauchten ja vor allem eine gewisse
Tischfläche, um schreiben zu können. Christoph hatte seine 5 Karten
rucki-zucki fertig geschrieben, während ich die erste noch nicht halbvoll
hatte. So ein Wunder war es auch wieder nicht, weil er ja nur Anrede und Gruß
zu Papier brachte. Ich versuchte, ein paar Sätze zu formulieren, war jedoch
nicht so richtig konzentriert. Die Zeit lief jetzt etwas davon. Damit die Karte
an Horst auch noch abgeschickt werden konnte, schrieben wir als Text nur :"Who
is who? ", das soll soviel heißen wie: "Na rat mal, wer Dir da
geschrieben hat?"
Für seinen Tee zahlte Christoph 1 Dollar; ich für meine Cola 3 ! Wieder mal
schlechter weggekommen. Wo sich das Post Office befand, war uns schon klar. Zum
Glück arbeitete noch eine Angestellte am Schalter, sie nahm unsere Karten
freundlich entgegen und versprach, sie bis nächsten Freitag zuzustellen. Es
wurde wohl der übernächste Freitag daraus, was macht's.
Jetzt kam uns der Gedanke, den Versuch zu wagen, von hier aus in die Heimat zu
telefonieren.
Wir fragten die Dame am Schalter. Mit einer Telefonkarte für 9.- $ kann man ein
Gespräch mit einer Dauer von 3 Minuten führen. Wir kauften eine Karte und
dachten, jeder könnte in 90 Sekunden
das Wesentliche sagen. Draußen vor dem Postamt befand sich das Häuschen, - die
Karte in den Schlitz geschoben, die ganze lange Latte von Vorwahl-Nummern
gedrückt; auf dem Display erschien eine Aufforderung in Englisch, die wir nicht
recht verstanden; irgendeinen Knopf gedrückt, der ein fort-währendes Knacken
auslöste, dann Ruhe - und die Karte kam auch nicht mehr zurück. Da hätten wir
besser im Spiel-Casino auf dem Schiff unser Glück herausfordern sollen!
Der sympathischen Dame am Schalter erzählten wir unseren Misserfolg. Sie rief
die Telefon-Company an, die natürlich am Samstagnachmittag nicht mehr
arbeitete. Christoph durfte seine Adresse und die Konto-Nummer auf einen Bogen
Papier schreiben, den sie dann dorthin weiterleiten wollte.
Das wird sicherlich gar nichts bringen, soviel ist uns gleich klar gewesen. - -
- Nun wurde es Zeit zur Anlegestelle zu gehen, aufs Tenderboot aufzuspringen, um
auf dem Schiff zu sein, wenn es sich von den Falkland-Inseln entfernt und Kurs
Richtung Kap Hoorn nimmt. Ahoi!
Es dauerte nicht lange, der Anker wurde gelichtet, das Schiff wendete ganz
sacht, Port Stanley versteckte sich nun achtern, - wurde kleiner und winziger,
nur noch ein Streif, - schließlich war es hinter dem Horizont verschwunden . .
.
Wieder umgab uns wogendes Wasser, verziert mit lockeren weißen Schaumkronen,
vergoldet vom Schein der untergehenden Sonne. Das Schiff fuhr durch die Nacht,
neuen Ufern entgegen.
Sonntag, 6.Februar: Wir ließen uns das Frühstück schmecken und sahen dabei
hin und wieder hinaus auf die weite Wasserfläche . . . Da tauchte doch
tatsächlich wieder Land auf, es war die "Isla de los Estados", die
"Staateninsel", sie liegt dem Cabo de San Diego auf dem argentinischen
Festland
( in Feuerland) gegenüber und bildet mit ihm die " Estrecha de la Maire",
wir fuhren nicht durch diese Straße, sondern südöstlich um die Insel. Von der
Brücke kam die Durchsage, dass wir uns 140 NM (Seemeilen) vor Kap Hoorn
befänden. Nun gelangten wir in ein Meeresgebiet, in dem 3 Strömungen wirksam
werden: die Drake-Strömung, die Humboldt-Strömung und die Falkland-Strömung.
Müsste sich da eigentlich etwas Abenteuerliches, Aufregendes ereignen? Müsste
das Schiff sich hoch anheben und dann tief senken? Müssten Regengüsse
niedergehen und Blitze am schwarzen Himmel zucken, während graue Wolkenfetzen
dahinjagen? Ich würde ja sehr gerne jetzt eine Seite (mindestens!) lang davon
berichten. Ich ging aber an Deck und freute mich darüber, wieder etwas Land
fotografieren zu können.
Ich fand das Wetter doch verhältnismäßig schön. Die Lufttemperatur betrug
8°C, die des Wassers 7°C, aber mit dem wollten wir ja keine Berührung haben.
Es war nicht zu leugnen, dass der Wind eine außergewöhnliche Stärke hatte.
Manchmal war es
wirklich angebracht, sich am Geländer festzuhalten, denn Hose und Pullover
wurden wie ein Segel aufgeblasen und meine schlappen 75 kg hätten leicht
weggetragen werden können.
Um 15:45 Uhr gab der Kapitän den Hinweis, nicht aufs Deck zu gehen, weil der
Wind mit satten
100 km/h wehte; die Wellen sind auch höher geworden, doch das Schiff schwankte
in erträglichem Maße, - dank der bereits erwähnten "Finnen". Die
Geschwindigkeit ist aber schon vor etwa 3 Stunden gedrosselt worden.
Eine Nachmittagsstunde lang saßen wir in der Stardust-Lounge und sahen uns die
Talente-Show an. Gäste spielten, tanzten und sangen für Gäste. Die Lorena
Shinn war auch mit dabei, hätte man nicht geglaubt! Ja, tatsächlich spürte
man das stärkere Schwanken des Schiffes; als wäre man angetrunken!
Dann ruhten wir ein Weilchen in der Kabine aus. Christoph wurde arg von
Schnupfen und Husten geplagt. Er wusste aus Erfahrung, dass sich das auf jeden
Fall noch verschlimmern würde. Jetzt war aber erst einmal "Warten auf Kap
Hoorn - Cabo de Hornos - Cape Horn-" angesagt. Es ging auf 19:00 Uhr zu,
wir schauten ständig zum Fenster hinaus. Das Wetter zeigte sich
abwechslungsreich, - mal Wolken, dann Nebel, dann trug der Wind das Wasser von den Wellenkämmen wie
Staub sogar
bis in unsere Höhe. Dann gab es mal wieder mal klare Sicht.
Christoph meinte: "Diese Spannung ist ja wie zu Weihnachten vor der
Bescherung!" Mir fiel eine
Insel mit Felsen auf, die ich markant fand und gleich mal fotografierte. Danach
begann ich, ihre Umrisse in meinem Notizheft flüchtig zu skizzieren. Die
Durchsage von der Brücke unterbrach das: "Vor uns liegt Kap Hoorn. Wir
werden einmal vorbeifahren, dann wenden und ein zweites Mal vorbeikommen."
Schnell zog ich mich warm an und eilte an die Reling, dort wuselten schon viele
Passagiere mit Fotoapparaten und Camcordern herum; man musste schnell in eine
Lücke schlüpfen, wenn ein anderer eben zurücktrat. Das ging ganz gut. Ich
machte mehr Bilder, als nötig gewesen wären. Das Licht änderte sich ja auch
schnell, - kam da nicht gerade ein Sonnenstrahl durch? Ja, also noch mal
knipsen!
Der Kapitän sprach von 8 m hohen Wellen, die doch sehr beachtlich wären. Nur
kriegten wir das gar nicht so schlimm mit. - Jetzt waren wir also am
südlichsten Punkt unserer großen Fahrt angelangt. Noch weiter südlich, die
Antarktis, ist die Wetterküche dieses Gebietes. Von ihrem Angebot haben wir
einige würzige Kostproben abbekommen, aber noch nicht die schärfsten!
Die erfolgreiche Umschiffung des Kap Hoorn bestätigte uns der Kapitän in einer
U r k u n d e.
Kap Hoorn bildet die Südspitze Feuerlands; ihr Felsmassiv ist 424 m hoch. Der
holländische Seefahrer Schouten umsegelte das Kap 1616 als Erster und nannte es
nach seiner Geburtsstadt "Hoorn".
Im Jahre 1618 umsegelten Spanier das Kap und entdeckten dabei die südlicher
gelegenen Ramirez-Inseln.
Feuerland setzt sich aus vielen Inseln zusammen, die größte ist die "Isla
Grande de Tierra del Fuego", die " Große Insel Feuerlands".
Der östliche Teil Feuerlands gehört zu Argentinien, er hat 7 500 Einwohner.
Der westliche Teil und alle Inseln südlich des Beagle-Kanals einschließlich
Kap Hoorn gehören zu
Chile, sie haben 133 000 Einwohner. Feuerland ist durch die
"Magellanstraße" vom Festland abgetrennt.
Der portugiesische Seefahrer Ferdinand Magellan fand den Archipel während
seiner Erdumsegelung im Jahre 1520. Der Rauch, der von den zahlreichen
Feuerstätten der Ureinwohner aufstieg, ließ Feuer vermuten, so gab er dem
Archipel den Namen "Feuerland".
Die Ureinwohner, die Ona im Westen und die Yahgan im Süden sind wahrscheinlich
mit den Stämmen Patagoniens verwandt. Ihre Zahl schwindet drastisch.
Erst im 19 Jh .wurden die Inseln von mehreren britischen Expeditionen erkundet.
Die berühmteste war die Erkundungs-Expedition in den Jahren 1831-1836. Charles
Darwin beschrieb sie in seiner
"Zoologie of the Voyage of HMS Beagle" (1840).
Die Nacht brach herein. Wir hatten unser großes Erlebnis und konnten uns zur
Ruhe begeben.
Der Kapitän und die Mannschaft durften jetzt dem Autopiloten nicht mehr die
Verantwortung überlassen; in der chilenischen Inselwelt war hohe menschliche
Leistung erforderlich.
Allerdings war es mit der Nachtruhe bei Christoph nicht gut bestellt. Zu Husten
und Schnupfen gesellte sich auch noch Fieber. Wir machten ihm Wadenwickel, in
die wir die für das Kühlen von Getränken ständig vorhandenen Eiswürfel
hineinpackten.
Montag, 7.Februar: Vor 6:00 Uhr erwachte ich, schaute durch den Vorhang, sah
Berge, sie waren ziemlich nah; wir steuerten ja schon auf die Hafenstadt Ushuaia
zu. Bevor ich mich zum Frühstück begab, machte ich vom Vorderdeck aus beim
Anlegen - etwa um 7:00 Uhr - schnell ein Foto. Noch hingen viele Wolken am
Morgenhimmel, ich war optimistisch, sie werden sich verziehen. Erst verzog ich
mich aber in die Selbstbedienung, damit ich nicht so viel Zeit zum Frühstücken
brauchte, denn die Exkursion begann um 8:15 Uhr. Christoph musste leider darauf
verzichten, es ging ihm schlecht. Stattdessen klopfte er an die Praxistür des
Schiffsarztes, vor der wir schon einmal - erstaunt über die enormen Preise -
standen.
Als ich das Schiff verließ, sah ich auf der gegenüberliegenden Seite des Piers
ein anderes großes Schiff
liegen, es war nur eckiger in seinen Formen; aber sein Name in kyrillischen
Buchstaben fiel auf. Da lag
das russische Forschungsschiff "Akademik - Sergej Wawilow" in Ushuaia,
sicherlich um sich hier, in der südlichsten Stadt der Welt, mit notwendigen
Gütern und mit Treibstoff zu versorgen und dann wieder in die Antarktis zu
fahren.
Als Ziel der heutigen Exkursion war der National-Park Tierra del Fuego
(Feuerland) vorgesehen.
Es wird also eine Fahrt in die Natur bei herrlichem Sonnenschein. Doch noch sind
wir im Stadtgebiet. Ushuaia - der Name bedeutet - "Bucht, die nach Westen
zeigt" hat 40 000 Einwohner. Die Elektronik-Industrie hat sich seit 1980
hier stationiert. Weil Feuerland steuerfrei geworden ist, liegen hier die Löhne
höher als anderswo. Arbeitskräfte wurden von diesen Bedingungen angezogen. Es
gab keine Baugesetze, deshalb finden wir keine einheitliche Architektur vor,
sondern ein vielfältiges, stilloses
Durcheinander von Gebäuden. Koreanische Familien errichteten Gewächshäuser
und ernten Früchte zum Verkauf.
Wir fuhren an baumbewachsenen Hängen aufwärts und verließen nun die Stadt.
Die Asphaltstraße wurde zur Schotterstraße. Zu beiden Seiten gedeihen Buchen,
eine besondere Art mit Miniblättern,
die Buchen mit den dunkelgrünen Blättern sind immergrün. Der Wald ist dicht,
viele Samen fallen zusammen, alle wollen zum Licht hin wachsen, so entsteht der
sogenannte "Spaghetti-Wald".
Die Tierwelt zeigt sich hier ähnlich wie in Patagonien. In Feuerland haben
deutsche Einwanderer Kaninchen eingeführt, diese vermehrten sich unheimlich.
Das erzürnte die Schafzüchter, weil die Kaninchen den Schafen das Futter
wegfraßen. Also musste die Kaninchen-Zahl unter Kontrolle gehalten werden.
In dieser Gegend gab es von 1903 -1947 ein Gefängnis für rückfällige
Straftäter. Diese mussten eine Menge Holz zu Brennstoff schlagen. Die
Gefangenen waren auch beim Bau der Eisenbahnlinie eingesetzt, der "Tierra
del Fuego Southern Railway". Bis 1947 wurde sie für Gefangenentransporte
eingesetzt. Sie nennt sich "Zug zum Ende der Welt", heute ist sie eine
Touristen-Attraktion. Die Bahn war längst ausgebucht, so fuhren wir eben mit
dem Bus. Ein paar Mal durften wir aussteigen, um die romantischen
Landschaftsszenen im Foto festzuhalten. Nach einem kleinen Fußweg von 10
Minuten standen wir am Rande eines großen Teiches und erblickten ringsum kahle,
bleiche Bäume.
Hier ist eine 7-köpfige Biber-Familie zu Hause, die fleißig ihr Handwerk -
richtiger vielleicht ihr Mundwerk - betreibt, denn sie nagen die Bäume unten
spitz an, bis sie fallen, bauen aus den von ihnen gefällten Bäumen Dämme und
legen ihre Burgen an.
1946 wurden Biber der Pelze wegen eingeführt. Sie hatten keine natürlichen
Feinde, vermehrten sich stark und zerstörten den Wald. Sie müssen demzufolge
streng kontrolliert werden, damit sie nicht überhand nehmen und das
Gleichgewicht der Natur erhalten bleibt. Es war schön an diesem Fleck.
Wir fuhren weiter, an einer Kiesgrube vorüber, sie lieferte den Sand für die
Piste, auf der wir vorankamen, Zement wurde aus Deutschland geliefert
"Heidelberger".
Wir überquerten einen kleinen Rio, er hat viele Windungen (Mäander.) Links
liegt der Beagle-Kanal,
mit Puerto Williams. Er bildet die Grenze des 1960 gegründeten, 63 000 ha
großen, Nationalparks.
Wir gelangten zum Ende der Nationalstraße N 3. Nach Buenos Aires zurück sind
es 3065 km , nach Alaska 17.848 km. Jetzt lagen nur noch Seen und eine
Gebirgskette vor uns - - - " Ende der Welt ".
Preiselbeeren wachsen hier; sie haben kleine Blätter, aber große Früchte.
Na klar, wir mussten zum Bus zurück. Er fuhr uns weiter, vorbei an kleinen
Campingplätzen, dann an einem Golfplatz und brachte uns schließlich an den
Rand eines wunderschönen Sees, den Lago Roca. Eingefasst von Bergketten, auf
deren höchsten Gipfeln - die sich im ruhigen Wasser spiegelten - Schnee
leuchtete. Er wäre er eine Oase der Besinnlichkeit - - - , wenn einem nicht
immer so ein Zeitlimit
gesetzt worden wäre! Doch das muss ja so sein! In der Nähe dieses Sees, im
Waldstück, befindet sich ein großer Zeltplatz mit Feuerstellen zum Grillen,
mit steinernen Tischen und Bänken, - und das maleri
sche Restaurant "La Casita del Bosque"- Kleines Waldhaus -.
Wir fuhren wieder der Stadt entgegen, bekamen zum individuellen Stadtbummel 45
Minuten Zeit. Ich ging die Straße hoch, um von oben Hafen und Schiff zu sehen.
Weit hinten führt eine Wasserstraße zum Kap Hoorn durch, die für Segelboote
günstig ist, das ist der Murray-Kanal. In einem Vorgarten blühte eine Vielzahl
dunkelroter Lupinen, die reizten mich zum Fotografieren. Dann ging ich zum Hafen
hin
unter. Noch lag unser Schiff ruhig am Pier, aber schon in Erwartung seiner vom
Landgang zurück-kehrenden Passagiere.
Auch der kranke Christoph wartete in der Kabine. Er hatte unterdessen den Doktor
aufgesucht, der gar nicht so unfreundlich war, wie er bei der Vorstellung
wirkte. Schließlich wird ihm mit jedem Patienten
ein ansehnliches Honorar zuteil! Die Diagnose für 50.-$ " Virus im Kopf
" deckte sich mit Christophs Vermutung. Der rote Hustensaft zu 15.-$ , -
ich stelle ihn unserem "Fargusan" (Buchenteer-Auszug) gleich, brachte
Christoph auf der Stelle zum Erbrechen. Nun stand er nur herum. Eine weitere
"bittere Pille" musste Christoph zusätzlich schlucken, - an den
geplanten "Antarktis - Flug" war nicht mehr zu denken. Für dieses
Erlebnis hätte er ohne Zögern über 1335.-$ (2670.-DM) hingeblättert. Mir
wäre
zwar dieses Abenteuer angenehm gewesen, aber der Geiz hielt mich davon zurück.
Ich sagte immer:
"Fliege nur - und erzähle mir dann alles ganz genau!"
Doch es kam ganz anders. Dieser Flug fand mangels ausreichender Bewerber gar
nicht statt; auch der
als Ersatz dafür vorgesehen Flug über die Gipfel der Anden kam nicht zustande.
Ein gewisser Trost?
Auf Grund des vorgelegten Attestes wurden ihm wenigsten die 60.-$ für die
heutige Exkursion zurückerstattet. Die nächste Exkursion wird ihm nun auch
versagt bleiben. Da wir diese bereits zu Hause bezahlt haben, musste er einen
Antrag auf Rückerstattung an das Reisebüro nach München senden.
Zur Teilnahme an den beliebten "Sitzungen" im Speisesaal war Christoph
weder fähig noch interessiert. Ich durfte ihm lediglich etwas Weißbrot mit Butter und Kamillentee nach
oben bringen.
Unser Schiff zog weiter seine Bahn. Inseln, Berge glitten langsam vorüber.
Reizvolle Motive - im Beagle-Kanal. Hier legte ich den vorletzten Film in den
Apparat. Wie gut, dass mir mein Dresdner Freund Hans-Günter beim Verabschieden
per Telefon dringend geraten hatte, besser noch 2 Filme mehr mitzunehmen, es
gäbe dort so tolle Landschaften! (Er war nie hier; aber er hat einen Computer;
und er kann sehen und lesen!) Jetzt bin ich ihm für diesen guten Rat sehr
dankbar.
Man kann diese Gegend mit Norwegen vergleichen. Charles Darwin entdeckte alle
diese Schönheiten im Jahre 1830. Ein Gebirgszug wird "Cordilleren von
Darwin" genannt. Sie sind 1 800 - 2 300 m hoch. Hinter den Gebirgswänden
liegt das Hochland von Tierra del Fuego in 1 000 - 1 800 m Höhe. Es wird hier
bis -18 ° C kalt.
Interessant, da erscheint ein Gletscher, sein Eis reicht bis ins Wasser, von
hellblauer Farbe ist es, das
bedeutet, es ist sehr komprimiertes Eis; der " Holländische
Gletscher" , wird er bezeichnet. Kaum ist er vorbei, naht ein zweiter
Gletscher, der "Italienische", dann der "Französische", der
"Romanische" und
nun noch der "Alemanische".
Diesen werde ihn auf dem Foto bestimmt wiedererkennen, denn ein Teil des Eises
schmilzt an seiner oberen Kante und stürzt als Wasser ins Meer.
Die allgemeine Erderwärumg brachte es mit sich, dass die Gletscher mehr und
mehr zurückwichen, sie schmolzen schneller als bisher dahin. Dadurch stieg dann auch das Wasser im
Beagle-Kanal an.
Die ständig wechselnden, reizvollen Motive verleiteten dazu, den Fotoapparat
oft in die Hand zu nehmen. Auch von der anderen Seite des Schiffes konnte man
sich an ähnlichen Bilder erfreuen.
Heute erwies sich von neuem, wie gut es war, dass wir eine Außenkabine
zugespielt bekamen. Der Patient Christoph genoss liegend , durchs Fenster
schauend, die Reize unberührter chilenischer Natur.
Da kam es ihm auch nicht darauf an, wie sich das Wetter im Augenblick
gebärdete. Während ich bei
meinen fortwährenden Relinggängen wechselnden Erscheinungen ausgesetzt war.
Wem so etwas nicht behagt, der setzt sich eben gemütlich oben ins Restaurant
vor die Panorama-Fenster. Das wäre aber für Christoph heute auch nicht die
richtige Lösung gewesen.
Die hereingebrochene Nacht beendete das Naturschauspiel. Die Decks, die
Reling, wurden angestrahlt und leuchteten hell. Deshalb hatten wir ja die
dunklen Vorhänge am Fenster. Doch wollte man weiter hinaus schauen, dann wurde
es schwarz vor den Augen, - und das bei vollem Bewusstsein.
Dienstag, 8. Februar: Um 5:45 Uhr zog ich den Vorhang zurück. Ich sah einen
dunkel-orangefarbenen
Horizont, davor die Lichterkette der nächtlichen Straßenbeleuchtung. So zeitig
am Morgen näherten wir uns schon der Hafenstadt Punta Arenas, die sich in einem
weiten Bogen vor unserem Bug ausbreitete, und zwar in der Estrecho de Magallanes,
also in der Magellanstraße.
Gegen 6:00 Uhr kam die Sonne hervor, die Lichter der Stadt verlöschten, dafür
stand die Stadt im rot-goldenen Morgensonnenschein. Ein Foto allein könnte den
Eindruck gar nicht wiedergeben, ich musste drei - vier Fotos machen und sie zu
einem Panorama zusammensetzen, um die reale Wirkung einigermaßen zu vermitteln.
Zwischen 7:00 und 8:00 Uhr frühstückte ich in Ruhe und nahm für Christoph
Tee, Weißbrot und Butter mit nach oben, denn auch heute musste er an Bord
bleiben und auf Besserung seines Zustandes hoffen.
Ich aber setzte mich um 9:00 Uhr in den Exkursionsbus; seltsam, man hatte mich
bei den Amerikanern untergebracht, die Reiseleiterin erläuterte alles in
englischer Sprache . . . Na gut, da brauchte ich nicht so gespannt hinzuhören,
wenn ich doch ohnehin nicht viel verstand. So machte ich mir selbst ein Bild,
während wir dahinfuhren.
Etwa 112 000 Einwohner leben hier. Diese Stadt wurde 1849 gegründet und ist ein
wichtiger Umschlag-platz für die Erzeugnisse Südchiles, also für Wolle, Felle
und Schaf-Fleisch. Punta Arenas ist Zentrum eines Erdölfördergebietes. Wir
fuhren erst längs der Küste und sahen, dass eine neue Trasse gebaut wird.
Auf der linken Seite zeigten sich vorerst noch baumbestandene Hügel, es folgte
eine Abzweigung, der
- Fundacion subway - und die Landschaft wurde karg wie auf der Halbinsel Valdés
in Argentinien. Eine Schaf-Farm und die Farmersiedlung "Kon-Aiken"
kamen in Sicht; auf der anderen Seite eine Pferde-Herde. Nun gelangten wir an
eine Meeresbucht, an deren Horizont schneebedeckte Berge aufrag
ten. An der "PINGÜINERA" stiegen wir aus. Die Station besteht aus
einem halben Dutzend weiß-
getünchter Bretterhäuschen mit grünen Dächern, sie stehen auf Stelzen, damit
das Wasser vom Meer darunter weglaufen kann. Wir passierten den Maschendrahtzaun
und wurden über Holzstege ins Pinguingelände hineingeführt. Manchmal ging es
auch direkt durch den Sand, doch das war ein recht beschwerliches
Vorwärtskommen. Die gewundenen Pfade sind mit kleinen Zäunen begrenzt, damit
Touristen nicht das Aufenthaltsgebiet der Pinguine betreten. In der Ferne sah
man sie schon in kleinen Gruppen beieinanderstehen. Neugierig geworden kamen
einer nach dem anderen näher. Einige sonnten sich im Sande liegend, andere
kraulten sich gegenseitig mit den Schnäbeln, und dort wollten ein paar zum
Meer, einer hüpfte aufrecht stehend die Sandstufe hinunter und watschelte stolz
weiter, ein anderer traute sich nicht recht, legte sich bäuchlings und rutschte
eben hinab. Durch eine Bretterwand konnten wir die zahlreich versammelten
Pinguine am Strand stehend oder im Wasser schwimmend beobachten.
Der Königspinguin brütet in einer der ungastlichsten Regionen der Erde
während einer der kältesten Perioden des Jahres. Er legt und bebrütet seine
Eier bei Temperaturen bis - 62 °C. Männchen und Weibchen betreiben die
Brutpflege. Sie kehren stets an die Brutplätze ihrer Vorfahren zurück.
Oft führen die Wege auf äußerst umständlichen und komplizierten Routen zur
Kolonie. Manchmal sind die Brutplätze viele Kilometer vom Ozean entfernt.
Ehe wir auf der Rückfahrt am Hafen anlangten, bestand die Möglichkeit, den Bus
zu verlassen, um durch das Zentrum der Stadt zu gehen. Ich hatte einige
Ansichtskarten von Christoph bei mir, so suchte ich das Postamt und warf sie
ein. Dann fotografierte ich das Denkmal für Magellan in der Mitte des kleinen
Platzes.
Er segelte am 20.Sept.1519 mit 5 Schiffen und 240 Mann Besatzung in Spanien los;
überquerte den Atlantik und erreichte im November 1520 Südamerika. Im Februar
1520 erforschte er die Flussmündung des Rio de la Plata. Am 31. März 1520
lief seine Expedition im Hafen San Julian ein, wo sie sechs Monate verbrachte.
Anschließend segelte Magellan durch die zwischen der Südspitze Süd-amerikas
und Feuerlands verlaufende Meeresstraße, die später ihm zu Ehren
"Magellanstraße" genannt wurde. Er besaß jetzt nur noch drei
Schiffe, mit denen er am 28.November 1520, nach 530 km Fahrt während 38 Tagen
das westlich gelegene Meer erreichte. Es herrschte Windstille, so nannte er es
"Pazifischer Ozean" , nach dem lat. "Pax" -
"Friede". Am 6.März 1521 erreichte er die "Marianen",
damals "Ladronen"; zehn Tage darauf entdeckte er die Philippinen und
landete am 7.April auf der Insel Cebu. Bei einem Angriff auf die Bewohner der
Nachbarinsel Mactan fiel er am 27.April 1521. Danach verbrannte noch eines
seiner Schiffe. Die zwei anderen erreichten am 6.November die Molukken.
Schließlich gelang es nur noch der "Victoria" unter Juan Sebastian
Elcano die Weltumsegelung zu vollenden. Nach der Umrundung Afrikas über das Kap
der Guten Hoffnung kam das Schiff
am 6.September 1522 in Sevilla an. Die Ladung Gewürze an Bord deckte die Kosten
der Expedition!
Und außerdem war die Kugelgestalt der Erde wissenschaftlich bewiesen.
Das muss man sich mal überlegen, 2 Jahre, 3 Jahre unterwegs zu sein, den
Unwettern ausgesetzt und in unbekannte Gefilde zu segeln! Dabei wird der
Speiseplan sehr dürftig ausgesehen haben!
Solches ging mir beim Betrachten des Denkmals durch den Kopf. Was die Gewürze
betrifft, so hatte ich auch noch etwas Pfeffer und Salz im Rucksack . . . Man
bekommt doch im Flugzeug zum Nachwürzen der Speisen so kleine Tütchen; die
hatte ich nicht gebraucht, aber eingesteckt. Sie deckten jedoch meine
Reisekosten nicht. Diese betrugen nämlich alles in allem 6.200.- DM. Was aber
doch ein akzeptabler Preis für die gebotenen Leistungen war, das muss man schon
sagen.
Ich ging also wieder auf unser großes, schönes Schiff zurück. Christoph war
an meinem Tageserlebnis interessiert - und abends traute er sich wieder mit in
das Speiserestaurant; er bestellte aber nur Suppe und Käsebrötchen. Immerhin,
es ging aufwärts mit ihm.
Eigentlich war die Zeit zum Auslaufen des Schiffes aus Punta Arenas gekommen . .
. Aus irgendeinem
Grund hatte ein Bus über eine Stunde Verspätung, deshalb verließen wir erst
um 19:30 Uhr den Hafen.
Das war ja auch nicht von Bedeutung. Vor uns lag die Nacht, während der wir
weiter durch die Estrecho de Magallanes glitten, dann stand uns ein ganzer Tag
und noch eine Nacht durch die interessante chilenische Inselwelt bevor. Also
waren wir keinesfalls in Eile; auf pünktliche Ankunftszeiten des Schiffes
konnte der Kapitän achten. Da musste er eben später paar Knoten zulegen, wenn
es zwischen den Inseln nicht möglich war, dann aber auf offenem Meer.
Mittwoch, 9.Februar : Unseren neugierigen Blicken wurde reichlich Abwechslung
geboten.. Heute vollführte auch das Wetter seine Kapriolen. Hatten wir eben
eine Insel im freundlichen Morgenlicht passiert, näherte sich von vorn ein
grauer Nebelschleier, der sich bald verdichtete und einen Regenschauer herabschickte. Doch das währte nicht lange, die nächste mit Bäumen
bestandene Insel zeigte
sich in heiterem Gewand. Übrigens waren sich die Landschaftsbilder, ob von Luv
oder Lee aus betrachtet, sehr ähnlich. Natürlich wechselte auch die Breite der Meeresstraße, mal
verengte sie sich, dann erweiterte sie sich wieder, mitunter zu einem sehr
breiten Nebenkanal. Es gab wunderschöne Ansichten
die Fülle, und es war gleichgültig, ob man sie aus dem Kabinenfenster oder von
Deck aus genoss.
An Norwegen wurde man auch heute wieder erinnert.
Unser Frühstück nahmen wir in der Selbstbedienung "Yacht-Club" ein,
aber das ist schon ein Weilchen her. Unterdessen ging es auf 14:00 Uhr zu.
Der Kapitän wollte uns heute eine Freude bereiten, um uns wegen der durch das
lange Tanken auf dem Meer ausgefallenen Exkursion zu entschädigen. Er wich vom
direkten Kurs ab und steuerte das Schiff in eine Bucht hinein, an eine Stelle,
wo der Gletscher "Amalia" im Meer sein Ende findet. Um unseren
Schiffskörper herum schwammen zahllose Eisbröcklein und -brocken, durch die
der Gletscher seine Gäste bereits grüßte.
Wir entdeckten "Amalia" aber auch schon am Horizont, besonders schön,
wenn die Sonnenstrahlen durch die Wolken fielen. Der Gletscher kommt von weit
her, er ist nämlich 700 km lang!
Über die Höhen der Anden schiebt sich der Amalia-Gletscher diese gewaltige
Strecke voran, jetzt muss er nochmals um einen letzten Berg herum, dann kann er
sich hinunter zum Meer "fallen lassen".
Unser Schiff gab einige lange, laute, tiefe Sirenentöne von sich, die in der
von Bergen geschützten Bucht widerhallten. Damit sollte der Gletscher zum
"Kalben" provoziert werden. Doch er wollte noch nicht;
es war allgemein etwas kühl hier. Ich stand etwas lange an der Reling, um den
richtigen Moment zum Fotografieren zu erhaschen, hatte aber nicht den warmen
Pullover unter der Jacke. Das sollte ich bald büßen! Ich werde darauf
zurückkommen.
Es sei einer der größten Gletscher der Welt, erklärte der Kapitän, größer
seien nur die in der Arktis und Antarktis. Der größte europäische Gletscher,
der Aletsch-Gletscher in der Schweiz, ist 24 km lang.
Die Fließgeschwindigkeit der Gletscher ist sehr unterschiedlich. So legt der
Rhone-Gletscher nur 100 m im Jahr zurück, während der Karajak-Gletscher in
Grönland 6,5 km pro Jahr vorankommt.
Die bläuliche Färbung weist auf starke Komprimierung des Eises hin. Durch sein
Eigengewicht und den daraus entstehenden sehr starken Druck wird das Eis auf dem
Grund plastisch verformbar.
Wir schwammen ziemlich dicht an den Gletscher heran, dann wendeten wir sacht und
verließen diese stille, romantische Bucht wieder. Die Erinnerung bleibt - oder
kann durch ein Foto neu geweckt werden.
Während es noch Tag war, und das war noch lange im hiesigen Hochsommer,
ließen wir die Augen in die pure Natur wandern; wären wir selbst mitgegangen,
hätten wir uns mehr als nur nasse Füße geholt.
Die Nacht hüllte schließlich wieder einmal alles ein; wir ruhten die nächsten
Stunden vom Nichstun aus.
Donnerstag, 10.Februar: Die Hafenstadt Puerto Montt lag vor uns. Sie
fasziniert durch die Kulisse von Vulkanen. Wir befinden uns in der Seen-Region
des chilenischen Südens. Etwa zehn Seen lassen sich hier finden, der größte
davon ist doppelt so groß wie der Bodensee.
Heute begab sich auch Christoph wieder mit auf Bus-Exkursion. Gleich am Kai
ragte ein riesiger Berg
von kleingeschnittenem Eucalyptusholz auf, das soll nach Japan exportiert
werden.
Puerto Montt hat 135.000 Einwohner. Sie sind vorwiegend mit Fischfang und
Landwirtschaft beschäftigt. Muscheln und Fisch werden von hier aus nach Japan und China geliefert. Die
Lachszucht hat eine hohe Bedeutung. Mit 75 % der Milchproduktion nimmt dieses
Gebiet eine gute Position in Chile ein.
Im Jahre 1909 begann die Eisenbahn hier ihren Betrieb. Jetzt stehen nur noch ein
paar Lokomotiven nutzlos herum. Busse und Flugzeuge bewältigen den Verkehr.
In der Stadt gibt es etwa 150 Indianerfamilien; sie tragen keine spezielle
Tracht, fallen dadurch nicht auf. Vielleicht aber doch an der Gesichtsform, wie
wir uns überzeugen konnten.
Auch die Kinder vom Lande besuchen die Schulen. Ist ihr Dorf zu weit entfernt,
wohnen sie die Woche über im Internat. Die Schüler tragen eine Schuluniform.
Da in Puerto Montt viele deutsch-stämmige Einwohner leben, gibt es eine
deutsche Schule, eine Privatschule, mit 600 Schülern.
Alle absolvieren 12 Klassen und studieren dann oder gehen in die Lehre.
Wir fuhren auf der "Panamericana", die von Alaska nach Südamerika
führt. Die Landschaft erwies sich dürftig; auf der dünnen Humusschicht
wuchsen vorwiegend Stechginster und Brombeeren.
Die hier in 3.Generation lebende deutsche Reiseleiterin erklärte uns, dass
Puerto Montt im Jahre 1835 gegründet wurde und damals vor allem Holz der
Baustoff für die Häuser war. Die ersten Ansiedler bekamen Saatgut zur
Verfügung gestellt und jeweils eine Parzelle von 5000 Quadratmetern Land;
sie erhielten Taschengeld und medizinische Betreuung. Jesuiten bauten eine
Schule und gründeten zuerst eine katholische Stadt.
Unterdessen sind wir am Gelände der Firma BASF vorübergefahren, die Styropor
produziert.
Nun wurde die Landschaft schöner, wir näherten uns der Stadt V a r a, die auch
"Stadt der Rosen" genannt wird .Uns fielen schöne, mit hölzernen
Dachschindeln verkleidete Häuser auf, häufig blühten Rosensträucher im
Vorgarten und an Straßenrändern. Auf dem Marktplatz trugen große Ulmen -
sie haben nichts mit unseren Ulmen zu tun - prächtige weiße Blüten, aus denen
Bienen den Nektar für einen guten Honig saugten.
Die hübsche Stadt liegt an dem See, der doppelt so groß wie der Bodensee ist.
Blumenrabatten, Palmen, Pensionen . . . Wir fuhren ein Stück am Ufer entlang,
dann führte die Straße aufwärts durch eine Landschaft mit gutem Baumbestand.
Feuchte Sommer bei 26° C und milde Winter mit 4-5° C tragen dazu bei. Im Jahre
1926 wurde der Nationalpark gegründet, - er beherbergt 117 Kleinvögel-Arten.
Der Petruhoe Fluß, vom Berge kommend, überspülte die Straße. Wir fuhren
durchs Wasser. Aber die Erde hier ? Schwarzgrau ! Ach so, verwittertes
Lava-Gestein ist die Grundsubstanz des Bodens in diesem Gebiet. Wir sind ja den
Vulkanen etwas näher gekommen, die wir erst nur vom Meer aus sahen.
Nun hielten wir an und begaben uns zu Fuß in ein ansteigendes Gelände.
Zwischen mächtigen Basaltbrocken bahnt sich das Wasser des Flusses schäumend und rauschend verschiedene
Wege ins Tal.
Wir befanden uns - wie zahlreiche Chilenen - darunter erkannten wir auch
Indianerfamilien -
bei den Petruhoe - Wasserfällen. Sie sind zwar nicht gigantisch, aber
romantisch, reizvoll. Wäre hier
nicht solch ständiges Kommen und Gehen von Touristen, wäre man hier allein,
könnte das ein idealer
Fleck zur psychischen Relaxation oder zum Meditieren sein. Aber auch wir mussten
schleunigst wieder zum Bus. Auf uns wartete ja noch der See
"Esmeralda" , oder auch "Smaragd-See" genannt, der durch die
mineralischen Beimengungen aus dem vulkanischen Gestein seine grüne Färbung
bekam. Am Strand
lagen farbige Boote, ihre Besitzer wären gern bereit gewesen, uns ein Stück
über den See zu fahren . . .
Doch wir hatten keine Zeit für Extra-Touren.
In einem großen Ausflugs-Restaurant waren wir zum Mittagessen angemeldet. In
der geräumigen Vorhalle drehten Männer einen riesigen Spieß mit aufgestecktem
Rind. Also bekamen wir Spießbraten,
und ein Glas Wein schmeckte dazu recht gut . . . So gestärkt fuhren wir nach
Puerto Montt zurück.
In Hafennähe befand sich der Handwerker-Markt, Häuschen an Häuschen, in denen
verschiedene Kunst- und Kitsch!- Handwerker ihre Ware feilboten. Das taten sie
nicht schreiend und aufdringlich, wie ich das in der Türkei oder in Ägypten
erlebt habe, - sondern ruhig und abwartend. Ein Plus für sie!
Auch die letzten wenigen Meter fuhr uns der Bus noch bis direkt an das Schiff
heran. Wir hatten den Tag voll genutzt. Nur noch wenige Minuten verblieben bis
17:00 Uhr, dann legte unser Schiff vom Hafen ab. Vor dem Abendessen erblickten
wir noch die Gestade der großen Insel Chiloé , bald wich
das Land gänzlich zurück und wir waren wieder von den Wassern des offenen
Meeres umgeben.
Die Nacht wurde sehr unangenehm für mich. Ich bekam mehrmals
Schweißausbrüche, die den Schlafanzug durchfeuchteten. Ein Glück, dass ich wenigstens einen zweiten im Gepäck
hatte. Zwischendurch
duschte ich, und weil sich gegen Morgen auch noch Husten und Schnupfen
einstellte, griff ich zu Omas
"Erster Hilfe" und gurgelte mit Salzwasser. Obwohl der ganze Ozean
ringsum damit reichlich angefüllt war, kam man aber doch sehr schlecht ran,
also musste ich es mir selbst anrühren. Für Christoph hatte ich ja schon Salz
aus dem Restaurant mit nach oben genommen und es stand bereit. Außerdem
schenkte
mir Christoph den roten Hustensaft vom Schiffsarzt, der ihm absolut nicht über
die Zunge wollte. Mir schmeckte er wie ein Kräuterbitter. Aber schnelle Hilfe
brachte nichts von allem; ich musste leiden, wie viele andere Passagiere vor
mir. Wie schon angedeutet, werde ich mir die Sache vielleicht bei
"Amalia" geholt haben, dort war ich etwas leichtsinnig. Es kann auch
sein, ich habe die Viren einfach von den
anderen übernommen. Das wäre auch kein Wunder. Schon mal gut, dass es erst am
Ende der Reise passierte.
Freitag, 11. Februar: Den ganzen Tag sahen wir das Meer im schönsten
Sommersonnenschein;
nur ganz am Horizont zeigte sich ein schmaler Streifen der chilenischen Küste.
Im Schnupfenfieber verbrachte ich die Zeit vor allem mit Niesen und Naseputzen.
Christoph machte wohl schon wieder Rundgänge ums Schiff und prüfte die
deutlich ansteigende Quecksilbersäule seines Thermometers.
Am Nachmittag suchten wir noch mal all die attraktiven Einrichtungen des Schiffs
auf und machten ein paar Aufnahmen davon. Eine Küchenführung, die uns sehr
interessierte, unternahm der Schiffskoch schon vor ein paar Tagen mit uns.
Christoph war heute ganz stark von dem Gedanken beseelt, seiner Schwiegertochter
Ulrike zum Geburtstag zu gratulieren. Von Chile aus sei das mit dem Handy
möglich. Immer wieder probierte er entsprechend der in der Kabine ausliegenden
Anweisungen, eine Verbindung nach Geyer herzustellen.
Es wollte und wollte nicht klappen. Die Zeit verging - und in Geyer war es ja
schon 4 Stunden später!
Von der Reception bekam er eine Nummer genannt, von wo aus man ihm weiterhelfen
könnte.
Christoph wählte diese Nummer an, er versuchte, sein Anliegen - in Englisch -
darzulegen, der Mann am anderen Ende versuchte, Christoph zu verstehen und ihm
den Hergang - in Englisch - zu erläutern. Christoph versuchte, das alles zu
erfassen . . . Die andere Mensch sagte: "Sorry, es tut mir leid!" und
legte auf. Es war traurig für Christoph, dass er Ulrike nicht gratulieren
konnte. - Aber für diese
nutzlose Auskunft wurden ihm am Ende auch noch 16.-- $ abgebucht. Das sind so
Erfahrungen!!!
Es war jetzt an der Zeit, unsere Sachen wieder in den Koffern zu verstauen, denn
um Mitternacht sollten sie im Gang vor der Kabinentür stehen, um von den
Gepäckträgern abgeholt zu werden.
Es ist nicht so kompliziert, die Koffer für die Heimreise fertig zu machen, es
kommt ja nur darauf an, nichts in den Schränken und Schüben hängen- bzw.
liegenzulassen. Während man vor der Reise sehr überlegen muss, was und wieviel
Stück davon man mitnimmt, welche Kleidungsstücke man für welches Wetter und
welches Klima geeignet hält, - welches Hemd und welcher Pullover zu welcher
Hose passt; welche Tabletten und wieviel Stück nötig sind - - - und was nicht
alles noch! Da wir bei dieser Reise
aus unserem deutschen Winter in den südamerikanischen Hochsommer, dort aber
wieder in vorarktische Kühle gelangten, gab es ja auch tatsächlich mehr als
sonst zu bedenken.
Diese Tätigkeit nahm nicht viel Zeit in Anspruch. Wir konnten uns danach
ausgiebig dem letzen guten Abendessen auf dem Schiff widmen.
Heute waren alle Passagiere angehalten, den Kellnern und Oberkellnern, den
Maitrés (Empfangschefs und Aufsichtspersonal im Restaurant) und den
Kabinen-Stewards ihre verdiente Dankbarkeit und Anerkennung zu erweisen, in dem
sie ihnen die Couverts mit dem angeratenen Trinkgeld aushändigten. Wir hatten
mit der Buchung der Reise unsere Trinkgelder bereits entrichtet. Damit wir aber
jetzt nicht am Tisch säßen und nichts zu übergeben hätten, - das wäre
ziemlich peinlich gewesen -, bekamen wir Couverts mit entsprechender Adresse,
darin befanden sich die Schecks in der vorgeschriebener Höhe.
Andere Passagiere, vor allem wohl die Amerikaner, gaben das Trinkgeld in bar an
die Service-Leute ab.
Wenn mich jetzt jemand fragen würde, wieviel ich für Trinkgelder ausgegeben
habe, weiß ich es gar nicht genau. Seltsam, das habe ich auch nicht notiert.
Vielleicht etwa 120.- $ , = 240.- DM. Für die auf dem Schiff im Service-Bereich
tätigen Menschen ist das im wesentlichen ihr Einkommen. Das war mir von der
Mittelmeer-Reise bereits bekannt. Nehmen wir an, der Oberkellner bekam 3.-$
/Tag, er bediente
20 Gäste = 60.-$ an 13 Tagen = 720.- $ (1440.-DM). Das ist nicht zu viel für
die anstrengende Tätigkeit des Servierers.
Das Abendessen verlief in herzlicher, fröhlicher Stimmung. Mich störte
allerdings ein ständiger Luftzug, der meinem Befinden abträglich war. Deshalb
verließ ich früher als üblich das Restaurant, mit mir auch Christoph. Meine
Kondition war nun mal nicht gut, ich brauchte Ruhe. Die letzte Nacht an Bord.
Samstag, 13.Februar: Ich erwachte zeitig, noch vor 6:00 Uhr, nach einem
ohnehin nicht gerade erholsamen Nachtschlaf. Der übliche erste Blick aus dem
Fenster ließ erkennen, unser Schiff läuft in den Hafen von Valparaiso ein.
Eilig zog ich mich an und begab mich aufs Vorderdeck. Hier bot sich mir die
bisher größte Hafen-Ansicht. Links lagen verträumt zahlreiche Fischerboote in
der Morgendämmerung, sie schaukelten sacht. Dieses sanfte Wiegen auch unseres
großen Schiffes hat mir während des Schlafes in all den gesunden Nächten
außerordentlich wohlgetan. Deshalb schlief ich unvergleichlich besser als zu
Hause.
Die Stadt wirkte noch grau im Dämmerlicht. Links hinter den Hügeln wurde der
Himmel allmählich rot-gold. Noch ein wenig musste ich warten, bis die Sonne hinter dem Gipfel
hervorlugte. Nun aber erlebte ich, wie sie zuerst die Wohnviertel auf den Höhen
in ihr Licht tauchte, dann die mittleren Bereiche der Stadt und schließlich die
Hafenstraße und unser Schiff, welches festlich "über die Toppen
geflaggt" war. Das ist wohl das Signal für den erfolgreichen Abschluss
einer Reise.
Mit einigen Fotos im Apparat, die ich später aneinanderfüge, um das Panaroma
als Ganzes wiederzusehen, ging ich zurück in die Kabine. Zum Frühstücken hatten wir noch
reichlich Zeit. . . Doch nun
mussten wir das Schiff verlassen. Auf dem Pier standen unsere Koffer bereit, wir
nahmen sie auf, gingen durch eine Absperrung, gaben dort unsere
Aufenthaltsdokumente ab, begaben uns zum vorgesehenen Bus, - noch ein
freundlicher Blick zurück zum Schiff und ein Klick mit dem Apparat, weil genau
unser Fenster zu sehen war.
Der Bus fuhr los; er hatte keine Klimaanlage, und es wurde schon recht warm in
den Straßen der Stadt.
Im Februar herrscht hier der Hochsommer. Valparaiso ist eine wichtige Hafenstadt
und eine der größten Städte Chiles mit 400.000 Einwohnern. Gegründet wurde
sie 1536 von den Spaniern. Nachdem Chile im Jahre 1818 unanhängig wurde,
erweiterte sich Valparaiso stark. Die Stadt war lange Zeit ein wichtiger Hafen für Schiffe, die Kap Hoorn umsegelten, bis 1914 der Panama-Kanal
eröffnet wurde.
Valparaiso ist auch der westliche Endpunkt der Trans-Anden-Eisenbahn-Linie, die
sie mit der argentinischen Metropole und Hafenstadt Buenos Aires verbindet.
Auf die vielen Hügel der Stadt gelangen die Einwohner mittels alter - aus dem
Jahre 1917 stammen- der - Aufzüge, Standseilbahnen. Wir fuhren die
Serrano-Straße entlang, die Hauptgeschäftsstraße, erblickten rechts die
sogenannte "Jahrestreppe", weil sie so viele Stufen hat, dann das
Rathaus und den Siegesplatz mit dem Denkmal "Jahreszeiten". Auf der
Höhe von 600 - 650 m fuhren wir weiter. Dort sahen wir die Skulptur
"Romulus und Remus", ein Geschenk der Stadt Rom. Jetzt ging es vorbei
am Teatro Municipal und am chilenischen Parlament. Auf Wunsch Pinochets wurde es
nach Valparaiso verlegt. Santiago, die Hauptstadt, möchte es wieder in ihrer
Stadt haben. Nun entdeckten wir einen Flohmarkt; es folgten kleine Häuschen
oben auf den Hügeln, die sich an die Felsen schmiegten. Hier gedeihen
Eucalyptus -Bäume. Die Autobahn führte zwischen grünen, mit Palmen
bestandenen, Hügeln hindurch; eine Indianersiedlung wurde sichtbar. Ein
Naturpark "Kleine Steine" genannt, ist Heimat vieler Tierarten; in
seinen Bächen oder Flüssen tummeln sich Forellen.
Hohe Bergrücken mit Schnee bedeckt zogen unsere Blicke auf sich, es waren die
Anden-Cordilleren.
Der Aconcagua ist der höchste Berg der Anden, er gehört zu Argentinien,
befindet sich aber dicht an der Grenze zu Chile. Dieser erloschene Vulkan hat
eine Höhe von 6959 m. Er war vom Bus aus leider nicht zu sehen. Wir schauten in
das Casablanca-Tal hinab, dort wird seit 15 Jahren Weinanbau betrieben.
Nun durchfuhren wir bereits einen zweiten Tunnel, er ist 3,5 km lang und wurde
im Jahre 1909 mit französischer Hilfe gebaut. Nach der Tunneldurchfahrt waren
im Randgebiet von Santiago angelangt.
Der spanische Eroberer Pedro de Valdivia gründete die Stadt im Jahre 1541 in
einem Gebiet, das vom Stamme der Picunche bewohnt war. Wir wissen, dass die
Einheimischen in grausamer Weise vernichtet
wurden.
Mit der Unabhängigkeit wurde Santiago im Jahre 1818 die Hauptstadt Chiles. Sie
zählt jetzt fast
5 Millionen Einwohner. Im Januar 1993 nahm der chilenische Staat Erich und
Margot Honecker ins Exil auf. (EH. starb im Mai 1994), Frau Honecker wohnt in
einem noblen Viertel bei ihrer Tochter, die mit einem Chilenen verheiratet ist
So berichtete der Reiseleiter. Ansonsten bekamen wir von Santiago nichts weiter
zu sehen, denn der Flughafen lag in der Richtung, aus der wir kamen.
Der Bus hielt direkt am Eingang des Flughafengebäudes. Wir begaben uns gleich
zu den Check-in-
Schaltern, wie die anderen Touristen auch. Jeder wollte bald abgefertigt sein
und suchte sich einen möglichst günstigen Platz in den drei Warteschlangen. Manchmal führte das zu
Gerangel, noch normal!
So, nun waren wir die Koffer wieder los. Mit dem leichteren Handgepäck, bei mir
muss man allerdings
"mittelschweres Rückengepäck" sagen, suchten wir uns ein Plätzchen
im Restaurant, um eine Tasse Tee bzw. Kaffee zu trinken. Es verging ein
Weilchen, ehe der Kellner unsere bescheidenen Wünsche erfasst
hatte, aber er blieb freundlich, sogar als er uns den hohen Preis für die
niedrigen Tassen nannte. Es kam
aber wirklich nicht auf zwei, drei Dollar an, nachdem ich auf dem Schiff so viel
eingespart hatte.
Wir dachten, es sei jetzt an der Zeit, durch die Kontrolle zum Warteraum zu
gehen. Ich war durch, - - -
aber Christoph folgte mir nicht; wo ist er wohl? Eine Viertelstunde verging
sicherlich. Er musste seine
Ausreise-Deklaration, die wir in Valparaiso bereits abgaben, noch mal
ausfüllen. Es fehlte das Kreuzel bei der Frage, ob man auch keine Tiere im
Gepäck mitführe. Das hatte man wohl per Computer nach Santiago durchgegeben.
Endlich konnten wir zum Gate gehen, - - - da kam die Durchsage, dass unser
Flugzeug statt 14:20 Uhr erst um 15:20 starten wird. Wahrscheinlich ist es mit
Verspätung angekommen und nun verzögert sich dementsprechend die Wartung, die Pflege, das Tanken
und das Beladen.
Diese zusätzliche Wartezeit fand ich belastend. Schließlich kamen wir doch
noch an Bord und fanden
unsere Plätze, diesmal in der Mittelreihe. Wie üblich gab es da wenig
Spielraum, weder seitlich noch nach vorn oder hinten. Ich bekam wieder mächtige
Schweißausbrüche, die Hemden wurden richtig nass;
dabei wirbelte die Klimaanlage kühle Luft über uns hinweg. Das erschien mir
aber durchaus nicht angenehm, eher noch die Erkältung fördernd. Mit Husten und
Niesen reagierte ich darauf. Die folgenden 13 Stunden Flug gestalteten sich für
mich zu einer einzigen Qual. Außerdem war es mir sehr peinlich, weil man sich
dadurch nicht als wünschenswerter Platznachbar zeigt. Ich musste an die
Situation beim Herflug denken, als die schlimm erkältete Frau neben mir saß.
Das war auch mir sehr unangenehm!
Das Flugzeug und seine Besatzung leisteten gute Arbeit, wir kamen - wenn auch
verspätet -glücklich in Madrid an. Die Zeit zum Umsteigen war nicht mehr
reichlich bemessen, - und zum Gate E 68, von dem die Maschine nach Frankfurt
abfliegen sollte, war es ein langer Weg. Endlich hatten wir es gefunden, doch wo
war mein Ticket für diesen Flug? Ich stürzte fast den Rucksack auf der
Sitzbank um, nichts zu finden . . . Neuer Schweißausbruch! - Die Kontrolleure
rissen irgendein Blatt aus Christophs Block und ließen uns beide durch. Ein
Kleinbus brachte lediglich uns zwei , die letzten also , noch zum Flugzeug. Wir
stiegen ein und keine 5 Minuten danach, um 9:35 Uhr, startete die Maschine. Es
war genug Platz vorhanden, wir konnten entspannen. Bald wurde schon das
Frühstück serviert; oh, der Kaffee tat gut.
Bei herrlichem Sonnenschein flogen wir über Spanien und Frankreich hin, gegen
11:15 Uhr warfen wir einen Blick auf die französischen Alpen und immer öfter
auch Blicke auf die Armbanduhr. Wir wollten gern den Zug 13:03 Uhr ab
Flughafen-Bahnhof zum Hauptbahnhof Frankfurt erreichen, damit wir dann wie
geplant weiterkommen. Wir landeten etwa 12:25 Uhr. Dann eilten wir zum
Gepäck-Transportband, alle fanden ihre Koffer, dann schaltete das Band ab, doch
wo ist mein Koffer??? Da vorn befand sich ein Büro zur Ermittlung vermisster
Gepäckstücke. Ich lief hin, doch bevor ich mein Anliegen vorbringen konnte,
kam eine Angestellte vom Fließband und rief mir zu, mein Koffer sei da. Welche
Freude!
Jetzt waren hohe Leistungen hinsichtlich geistiger Reaktion und körperlicher
Beweglichkeit gefordert.
Dort hinten links ging es zwei Rolltreppen hoch zum Sky-Way, dieser schmucken,
flinken Hochbahn vom Flughafengebäude zur Bahnstation "Flughafen".
Eine schloss eben die Türen, doch nach zwei Minuten gleitete die nächste
herein. Wir waren noch gar nicht zum Aufatmen gekommen, da mussten wir schon
wieder aussteigen und zum Bahnsteig hinunter, aber zweimal! Schön, da fuhr ein
Zug noch
vor 13:00 Uhr. Halt, das war die entgegengesetzte Richtung. Wir mussten auf den
gegenüberliegenden Bahnsteig, also wieder eine Treppe hoch und die andere
hinunter. Da kam die Bahn auch schon an, 13:03 Uhr. Diese Zeit war uns bekannt,
da konnte nichts schief gehen. Zehn Minuten Fahrt . Es kam mir
komisch vor, unter den Fahrgästen, die alle in Anoraks und dicke Pullover
gehüllt waren, standen wir da wie arme Ausgeraubte, - Christoph in der
häuslichen Strickjacke, ich im Pullunder. Hoffentlich sind den Leuten die
Anhänger an unseren Koffern aufgefallen, damit sie merkten, dass wir noch
Schwierig- haben, die Umstellung vom Hochsommer auf den Winter zu bewältigen.
Pünktlich 13:13 Uhr trafen wir auf dem Hauptbahnhof Frankfurt ein. Natürlich
mussten wir wieder eine Treppe hinauf spurten und den richtigen Bahnsteig,
nämlich 10, (für das nächste Mal merken!) anpeilen.
Die Abfahrtszeit nach Leipzig war mit 13:22 Uhr angezeigt, wir hatten es
jedenfalls geschafft, doch der
Zug wartete noch ein paar Minuten, um Fahrgästen aus dem verspäteten Kölner
Zug die Möglichkeit zum Umsteigen zu geben. Das ist schon prima.
Wir fanden Platz und vor uns lag viel Zeit . . . Ich suchte und entdeckte den
speziellen Waschraum, darin verschwand ich mit Kulturtasche, Rasierzeug und
frischem Hemd. Rundum zufrieden kam ich dann wieder heraus. Doch was war das
für ein Knurren? Der Magen meldete sich, Hunger war die Ursache. Christoph
hatte ein gleiches Gefühl. Also begaben wir und in das nahe Speiseabteil. Dort
labten wir uns an Kartoffelsalat und Wiegebraten; dazu einen Tee für Christoph
und ein Dunkles für mich. Ein bescheidenes Mahl , vergleicht man es mit den
Menüs auf dem Schiff. Aber richtiger Hunger
macht eben das einfachste Essen zur Delikatesse!
Ins Abteil zurückgekehrt, das von der Abendsonne ausgeleuchtet wurde, fielen
uns hin und wieder die Augen zu. Morpheus heißt das Wesen wohl, welches einen
bei Müdigkeit in die Arme nimmt.
So geborgen kamen wir in Leipzig an. Ohne Hast, - wir hatten 20 Minuten Zeit -,
unterquerten wir die
12 Bahnsteige, die uns vom Chemnitzer Zug trennen. Dann rückten wir unser
Gepäck und uns selbst im
Abteil zurecht - - - und rollten Chemnitz entgegen. Per Handy nahm Christoph
Verbindung zu Jutta in Zschopau auf; sie kündigte an, dass sie selbst mit dem
Auto nach Chemnitz kommen wolle, um ihren Christoph heimzuholen. Auf die Minute
19:01 Uhr fuhren wir auf dem Hauptbahnhof ein, der Zug hielt an, Jutta stand
direkt an unserer Tür. Die Begrüßungszeremonie begann also sofort.
Ich brauchte mir kein Taxi zu bestellen, Jutta und Christoph boten mir an, mich
erst noch vor meine Haustür zu fahren. Ich wollte widersprechen, schließlich
gibt es genug Taxis. Aber wenn Langers jemandem etwas Gutes tun wollen, dann
hält sie auch niemand davon ab. Also "Danke" und
"Tschüß".
P.S.: So eine schöne Kreuzfahrt möchte ich sehr gerne noch einmal erleben.
Wer nimmt mich mit ?
Bericht beendet am Samstag,d.25.Februar 2000, um 23:00 Uhr. (Nun muss ich
lesen und korrigieren!)